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AUSGEHEN: Von Bollywood bis Brasilien

Wenn sich eine Lieblingsbar zum Touristenmagnet entwickelt, wird es knifflig. Nicht mehr hinzugehen, fühlt sich wie eine Niederlage an.

Wenn sich eine Lieblingsbar zum Touristenmagnet entwickelt, wird es knifflig. Nicht mehr hinzugehen, fühlt sich wie eine Niederlage an. Da helfen nur Ausweichmanöver auf unpopuläre Wochentage oder Zeiten. Doch kürzlich, an einem Freitagabend – beschwingt von einer französischen Kinokomödie –, warfen wir all unsere Vorbehalte über Bord und gingen einfach mal wieder in die knallvolle, zugequalmte Möbel Olfe am Kottbusser Tor.

Ich muss gestehen: Es war lustiger, als an vielen Abenden mit weniger Touristen. Vielleicht lag das am naiven Überschwang von Gästen wie der blonden Brasilianerin, die sich an unseren Ecktisch quetschte, um die beiden uns gegenüber sitzenden indischen Architekturstudenten in ein „Ich bin zum ersten Mal hier und es ist so aufregend“-Gespräch zu verwickeln. Das indische und das brasilianische Englisch führten zwar nur zu einer etwas holperigen Verständigung, dafür prostete man sich vielfach freundlich zu. An meiner Seite saß ein Architekt aus Westdeutschland. Er erklärte mir, dass einer der beiden jungen Männer gerade ein Praktikum bei ihm mache und ihm an diesem Wochenende ein bisschen Berlin zeige. Zwanzig Minuten lang fragte ich mich: Woher kennst du diesen netten Studenten bloß? Als es mir einfiel, konnte ich nicht widerstehen, und ich sagte ihm in meinem höflichsten Englisch, dass er mich an den Filmstar Shah Rukh Khan in jungen Jahren erinnere. Lächelnd wiegte er den Kopf, offenbar hatte er das schon tausend Mal gehört. Aber sein Kumpel freute sich und begann unsere Bollywoodkenntnis zu testen.

Als die Architekten ins SO36 weiterzogen, tauchte plötzlich Kollege T. mit zwei Freunden auf. Sie zwängten sich neben uns und so gab es mit einem Mal einen echten Berliner Tisch im tosenden Touri-Treiben. Wir fühlten uns ganz schön bedeutend.

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