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AUSGEHEN: Wir wollten euch nicht aufhalten

Wohin im Graefekiez? Mini Bar, schlage ich vor.

Wohin im Graefekiez? Mini Bar, schlage ich vor. Aber N. reagiert abwehrend. Nicht weil er das kleine schummerige Etablissement nicht mag, sondern weil es ihm dort zu gut gefällt. „Da wird es immer total spät, ich komme einfach nicht weg“, sagt er und schlägt stattdessen Fatimas Hand in der Grimmstraße vor. Auch gut. Wir sitzen zu dritt auf dem Gehsteig und innerhalb von drei Getränken kommen vier Bettler und ein Spendensammler von einem Hilfswerk vorbei. Der Kiez ist wohlhabender geworden – vor zehn, elf Jahren hätten sich die Almosensucher hier sicher kaum Chancen ausgerechnet.

Irgendwann ist es dann doch zu kalt zum Draußensitzen – aber zu früh zum Nachhausegehen. Wir haben uns die Köpfe heißgeredet über das Thema Alltagsrassismus. Ein Ortswechsel könnte guttun. Wohin? „Mini Bar!“, sagt N. und schließt sein Fahrrad los. Aha, geht doch. Wir schlüpfen in den winzigen Raum, in dem es wie immer zu fortgeschrittener Stunde eng, laut und lustig zugeht. Der Barkeeper hat selber schon einen leicht glasigen Blick, aber den Laden souverän im Griff. Er spendiert uns eine grünliche Eigenkreation. Eingequetscht stehen wir neben Kühlschrank und Tresen. Zwei Typen neben uns machen Auscheck-Bewegungen. Wir rücken an sie heran. Als sie aufbrechen, sagt N.: „Wir wollten euch nicht aufhalten.“ Etwas irritiert ziehen die beiden ab. Sonst heißt es ja eher: „Wir wollten euch nicht vertreiben.“ Aber mein Freund hat einfach die Abschiedsfloskel aus seiner bosnischen Muttersprache ins Deutsche übersetzt. Das Ergebnis klingt ein wenig ruppig – doch eigentlich ist es der ehrlichere Spruch. Also Gläser hoch und Živeli! Gegen 1 Uhr reiße ich mich los. N. bleibt noch. Gerade sind zwei Bekannte von ihm hereingekommen ...

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