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Ausstellung: Blutsturz mit Vögeln

Damian Hirst, William Kentridge, Elaine Sturtevant: Kostbare Kunst im Hause Bastian. Trotzdem ist die Aussstellung leider weniger als die Summe ihrer Teile.

Als Damien Hirst vor kurzem in London seine Versuche in Öl ausstellte, zog er den Spott der Kritiker auf sich. Der mächtige Zauberkünstler einer mit ihrer Vermarktung spielenden Konzeptkunst hatte lange beteuert, er könne nicht malen. Nun entpuppte er sich als mittelmäßiger Epigone seines Helden Francis Bacon, mit längst von ihm selbst ausgereizten Totenkopfallegorien. Fesselnd immerhin die blutenden Vögel, die in großen Hochformaten zu Boden stürzten, durchsetzt von einem Hirst-typischen Punkteraster. Aus ihnen sprach auch die Höhenangst eines sich verletzlich zeigenden Kunststars. Bislang ist Hirsts neue Werkphase nicht in Berlin zu sehen, dafür holen Céline und Heiner Bastian in ihren Räumen nochmal die Schmetterlingsleichen mit Diamanten hinter Glas raus.

Liegt es an der Londoner Entzauberung, dass die profaner wirken als zuvor? Ohne sie wäre die Gruppenschau „Flowers, Death and Butterflies“ jedenfalls konsistenter, die ein edles Bouquet aus Blumen- und Vergänglichkeitsmotiven vorstellt. Mit der zerbrechlichen Grafitzeichnung einer Iris vom Südafrikaner William Kentridge haben Hirsts schrille Ikonen jedenfalls nichts zu tun. Hirsts Totenkopf im Zentrum einer runden Scheibe voll explodierender ockerbrauner Lack-Ursuppe kontrastiert mit dem „Shield of Achilles“ seines Landsmanns Mark Alexander: ein rot-schwarz-properes Sonnengesicht, angelehnt an ein zeitgenössisches Porträt Louis’ XIV., aufwendig in Öl und Siebdruck gefertigt. Alexander arbeitet gerne Ikonen um. Sein schwarzes Negativ von Van Goghs Sonnenblumen grüßt Elaine Sturtevants Replikat von Warhols „Ten Foot Flowers“. Von der Altmeisterin der Appropriation Art könnte Helene Hegemann noch lernen. Sie holte sich vom Urheber nicht nur das Einverständnis, sondern auch die originalen Drucksiebe.

Anselm Kiefer und Joseph Beuys hat Sturtevant auch gecovert. Beide sind hier im Original vertreten: Beuys mit anrührenden Mumienfiguren aus Gips, Kiefer mit dem fast acht Meter breiten „Aperiatur terra et germinet salvatorem“ von 2007, einer atemberaubenden Ackerlandschaft in Schwarz, Blau und Lachsrosa, furchig-plastisch wie Baumrinde. Im Zentrum hängt ein Rückgrat aus Ton. Der Höhepunkt einer Ausstellung, deren Konzentration hoch gehandelter Arbeiten im Missverhältnis zum kuratorischen Konzept steht. „Flowers, Death and Butterflies“: eine rein inhaltliche Klammer, die nicht viel mehr als ein paar teure Neuanschaffungen zusammenpackt. Dabei hätte sich angeboten, das Thema Original, Sample und Kopie zu vertiefen und damit den Abgrund aufzureißen, der unter der Kunst selbst klafft. So ist die Ausstellung leider weniger als die Summe ihrer Teile. Bei der Frage nach dem Warum bleibt vor allem das selbstgefällige Schwelgen im edlen Schick der Apokalyptik. Vanitas hinter Glas. Tatsächlich: Eine Aura spätrömischer Dekadenz umweht diese Ausstellung. Kolja Reichert

Bis 10. 4., Am Kupfergraben 10, Do-Fr 11-17 Uhr, Sa 11-16 Uhr

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