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Kultur: Basler Kunstmesse Art: Alles. Von allem viel. Und davon das Beste - Einziges Problem: Unübersichtlichkeit

Sie sind wieder auf der Suche, die glatten Schönen in Anzug und Designerturnschuhen, die alten Damen, halbblind, aber immer noch wachen Auges für die Schönheiten der Kunst, die Amerikanerinnen mit aufgeregten Hüten und die unauffälligen Sammlerpaare mit dem gierigen Blick. In Basel ist Art, die weltweit wichtigste und schönste Kunstmesse.

Sie sind wieder auf der Suche, die glatten Schönen in Anzug und Designerturnschuhen, die alten Damen, halbblind, aber immer noch wachen Auges für die Schönheiten der Kunst, die Amerikanerinnen mit aufgeregten Hüten und die unauffälligen Sammlerpaare mit dem gierigen Blick. In Basel ist Art, die weltweit wichtigste und schönste Kunstmesse. Frisch geduscht und nervös warten die Galeristen in ihren Kojen, 271 aus aller Welt. Schon eine kleinere Galerie muss mehr als 60 000 Mark vorstrecken, und der erste Messetag ist vielleicht der wichtigste. "First Choice" heißt die Runde, zu der am ersten Tag eingeladen wird. Erste Wahl sind auch die Besucher. Kuratoren, Kunstsammler und Künstler geben sich ein Stelldichein.

Laut redet hier keiner über das Geschäft. Auf die Frage, was die wunderbare "Zeitgeist Serie" von Andy Warhol bei Gagosian aus New York, die kurz nach der Eröffnung verkauft war, gekostet hat, schweigt die Galerieassistentin. Ob die Serie in eine private oder öffentliche Sammlung gehe? Die Dame entschuldigt sich. Nirgends, allenfalls an der Börse, steht Geld so im Zentrum und bleibt trotzdem unerwähnt. Man sieht es höchstens, an den Handtaschen der Damen, am ausgesuchten Mobiliar der Galeristen und natürlich an den Schätzen, die an den Messewänden hängen: Picasso, Miró, Magritte, Beckmann, Kokoschka, Nay, sehr viel Warhol in diesem Jahr.

Mit Farbe zum Licht

Wie in der Vergangenheit bildet die klassische Moderne das Rückgrat der Messe. Im Untergeschoß untergebracht, trägt sie das zweite Stockwerk mit den Galerien jüngerer und zeitgenössischer Kunst. Trends sind auch in diesem Jahr auf der Art nicht auszumachen. Es gibt alles, von allem viel und nur das Beste. über 800 Galerien hatten sich um eine Teilnahme beworben, und die Veranstalter haben die Messe nicht vergrößert.

An mehreren Stellen sind die "nudes" zu sehen, der jüngste Zyklus von Thomas Ruff. Das zumindest die westliche Welt umspannende Netz der Galerien wird in diesen Wiederholungen sichtbar. Der vor Jahren ausgerufene Boom der Fotografie hat sich auf ein gesundes Maß reduziert. Es gibt daneben Skulptur, Malerei, Video, Installationen. Wie die Künstler lassen sich auch viele Galeristen nicht mehr auf einzelne Medien festlegen. Auch die klassischen Galerien wie der Art-Doyen Beyeler wagen sich an jüngere Kunst: Auf der Art zeigt er passend zur Ausstellung "Mit Farbe zum Licht" in der Fondation Beyeler vor den Toren Basels auch auf seinem Messestand Lichtskulpturen jüngeren Datums.

Nach Sonderpräsentationen zu Video und Skulptur in den vergangenen Jahren gibt es in diesem Jahr in der riesigen Nebenhalle mit "Art Unlimited" auf 12 000 Quadratmetern eine neue Plattform für große Installationen, Video- und Internetkunst. In Form einer Ausstellung werden 70 Projekte präsentiert. "Eine Mini-Biennale" jubelte am Tag nach der Eröffnung die Baseler Zeitung, und viele Galeristen versprühten ob der Mega-Präsentation Optimismus. Viele Besuchern wirken dagegen überfordert. Die Art auf zwei Stockwerken mit über 1000 beteiligten Künstlern und mehr als 5000 Kunstwerken, in den Kojen teilweise sehr dicht und konzentriert gehängt, erfordert vom Besucher viel Aufmerksamkeit. Die riesige zweite Halle, lässt einen zunächst aufatmen und die Weitläufigkeit genießen, doch dann wirken selbst wunderbare Arbeiten der zeitgenössischen Kunst wie das Video "The Shadow Under The Web" der international gefeierten gebürtigen Iranerin Shirin Neshat in ihr seltsam blutleer. Viele Installation sind überdimensioniert, und die Ausstellung behauptet etwas zu sein, was sie nicht ist: Zwar haben die Kuratoren Martin Schwader und Simon Lamunière für Ausbau und Präsentation gesorgt, die Auswahl der Werke treffen aber die Galeristen. Neben der neuen Halle hat der Besucher zudem ein furioses Programm in den Museen und Institutionen zu bewältigen: Jorge Pardo in der Kunsthalle Basel, Tacita Dean im Museum für Gegenwartskunst, Skulpturen von Cy Twombly im Kunstmuseum, Panamarenko im Museum Jean Tinguely oder die "Liste 2000", die kleinere Alternativmesse, in der die jüngste Kunst präsentiert wird. Nur wenige Kojen vermögen allerdings zu begeistern, viele Galeristen setzen auf kleinteilige Arbeiten, nur wenige wagen Einzelpräsentationen wie Rüdiger Lange vom Berliner "loop-Raum für aktuelle kunst", der Arbeiten von Juliane Duda zeigt.

Berliner Galerien sind in Basel insgesamt gut vertreten: Auf der "Liste" sind neben Rüdiger Lange, Paula Böttcher, Barbara Thumm und Michael Kapinos angereist. Auch auf der Art sind mit Hetzler, Franck + Schulte, Brusberg, Gebauer, Arndt & Partner, Kicken, neugerriemschneider, Nothelfer und Martin Klosterfelde die Berliner Händler prominent vertreten. Mehdi Chouakri, NEU, und Barbara Weiss wurden neben 23 weiteren jungen Galerien aus aller Welt ausgewählt, ihre Künstler in Einzelpräsentation, den "Statements", zu zeigen. 1996 gegründet, ermöglicht dieser Parcours innerhalb der Messe einen überblick über zeitgenössische Kunst.

Samuel Keller ist in seinem ersten Jahr als Messeleiter ein furioser Auftakt gelungen. Ausruhen wird man sich in Basel nicht: Im Dezember nächsten Jahres wird erstmals die "Art Basel Miami Beach" stattfinden. In Kooperation mit den südkalifornischen Kunstmuseen und privaten Kunstsammlern werden 100 bis 150 Aussteller aus Nord- und Südamerika sowie aus Europa ausgewählt.

Die Veranstaltung tritt an "wichtigster Treffpunkt der internationalen Kunstwelt in der Wintersaison" zu werden. Mit dem expandierenden amerikanischen Kunstmarkt verspricht das Konzept, ein großer Erfolg zu werden. Und sicher werden sie sich auch hier wieder auf die Suche nach Stoff begeben, die Kunstsüchtigen.

Katrin Wittneven

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