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25.07.2023, Bayern, Bayreuth: Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ehemann Joachim Sauer kommen zur Eröffnung der Richard-Wagner-Festspiele mit einem neuen «Parsifal» ins Festspielhaus auf dem Grünen Hügel. Foto: Daniel Karmann/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Daniel Karmann

Bayreuther Festspiele : Wird Bayreuth jetzt endlich reformiert? Eröffnung mit Merkel und von der Leyen

Ein kräftiges Gewitter überschattete die Eröffnung der Bayreuther Festspiele mit einem VR-„Parsifal“ unter Regie von Jay Scheib. Unruhe gibt es auch hinter den Kulissen.

Zum Auftakt der diesjährigen Bayreuther Festspiele mit einer Neu-Inszenierung des „Parsifal“ unter Regie von Jay Scheib gab es erst einmal Starkregen - und deshalb ein zügiges Defilee über den roten Teppich. Unter (irdischem und nicht Wotan’schem) Donnerhall eilten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die sichtlich gut gelaunte frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem Ehemann Joachim Sauer ins Festspielhaus auf dem Grünen Hügel.

Gekommen waren auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth, ebenso ihre Vorgängerin im Amt, Monika Grütters sowie zahlreiche weitere Prominenz aus Politik, Kultur und Gesellschaft. Bayern Ministerpräsident Markus Söder und seine Frau Karin mussten wegen des starken Gewitters sogar minutenlang im Auto ausharren, bis sie sich kurz vor Beginn der Aufführung ebenfalls noch kurz vor dem Königsportal zeigen konnten.

Die Einladung der Stadt Bayreuth angenommen hatten auch die beiden Schauspielerinnen Maria Furtwängler und Margarita Broich („Tatort“).

Wie kommt die Neuproduktion mit Andreas Schager in der Titelrolle und Ekaterina Gubanova als Kundry an? Erstmals auf dem Grünen Hügel wird Augmented-Reality-Technik eingesetzt und das Publikum mit Spezialbrillen ausgestattet, um auf der Bühne nicht nur die Sänger zu sehen, sondern auch virtuelle Element wahrnehmen zu können. Nach dem ersten Aufzug, der gegen 18 Uhr zu Ende ging, gab es jedenfalls Applaus für US-Regisseur Jay Scheib.

Andreas Schager (Parsifal) und Ekaterina Gubanova (Kundry) in Jay Scheibs „Parsifal“-Inszenierung.
Andreas Schager (Parsifal) und Ekaterina Gubanova (Kundry) in Jay Scheibs „Parsifal“-Inszenierung.

© dpa/Enrico Nawrath

Bereits am Dienstagmittag standen die Festspiele im bayerischen Kabinett auf der Tagesordnung. Der Grund: Bislang sind Bund, Bayern und die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth (GdF) mit je 29 Prozent gleichberechtigte Gesellschafter und geben etwa drei Millionen Euro pro Jahr für den Festspiel-Betrieb. Die Stadt Bayreuth hält die restlichen Anteile von etwa 13 Prozent.

Mit dem Geld der Gesellschafter werden Ausgaben bezahlt, die die Festspiele nicht durch Eigeneinnahmen decken können. Der Förderverein der „Freunde“ hatte Ende 2022 jedoch angekündigt, künftig wegen geringerer Einnahmen weniger zahlen zu können.

Deshalb beschloss das Kabinett nun die Aufstockung der staatlichem Mittel. Laut Kunstminister Markus Blume (CSU) soll der Freistaat von 2025 an 37 Prozent der Gesellschafteranteile übernehmen. „Das bedeutet ein höheres finanzielles Engagement des Freistaats für den Grünen Hügel“, so Blume, der außerdem von einem „Schritt in Richtung neue Gesellschafter-Strukturen der Bayreuther Festspiele“ sprach. Er gehe davon aus, „dass der Bund bei den anstehenden Veränderungen mitzieht und parallel zum Freistaat Bayern eine größere, zusätzliche Verantwortung übernimmt“.

Dies soll nun unter den Gesellschaftern besprochen werden - wobei die Grünen-Politikerin Claudia Roth ein stärkeres Engagement des Bundes an Strukturreformen knüpft. „Ich glaube, dass es wirklich an der Zeit ist, dass historische Strukturen in Bayreuth mit ziemlich viel Mut und Kreativität neu gedacht werden“, sagte die Kulturstaatsministerin. Was sich konkret ändern soll, ob also zum Beispiel eine künftige Leitung denkbar sein soll, die nicht aus der Wagner-Familie stammt, oder ob nicht mehr nur Musiktheaterwerke von Richard Wagner im Festspielhaus inszeniert werden sollen, sagte Roth nicht.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (L) und Schauspielerin Maria Furtwängler am Dienstag auf dem Grünen Hügel.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (L) und Schauspielerin Maria Furtwängler am Dienstag auf dem Grünen Hügel.

© AFP/CHRISTOF STACHE

Sie begrüßte die bayerischen Pläne allerdings als gute Gesprächsgrundlage für gemeinsame Beratungen. Und sie sagte, dass es für die Zukunftsfähigkeit der alljährlich am 25. Juli eröffnenden Festspiele notwendig sei, neue Publikumsschichten zu erschließen. „Wir brauchen Öffnungen, wir brauchen neue Formate.“ Zudem benötige Bayreuth ein „konstruktives Leitungsgefüge“, das gut zusammenarbeiten könne.

Die bayerischen Pläne bedeuten, dass 16 Prozentanteile der „Freunde“ nun paritätisch von Bund und Freistaat Bayern übernommen werden könnten. Die Gesellschaft der Freunde hielte künftig dann nur noch 13 Prozent der Anteil, genau wie die Stadt Bayreuth. Bund und Freistaat hätten folglich je 37 Prozent.

Derzeit haben die „Freunde“ großen Einfluss auf die Festspiele und begleiten die Arbeit von Festspiel-Chefin Katharina Wagner durchaus kritisch. Der Vorsitzende des Freundesvereins, Georg Freiherr von Waldenfels, ist auch Vorsitzender des Verwaltungsrates, des wichtigsten Gremiums der Festspiel-GmbH.

Dieser Einfluss der GdF wird nun schwinden, denn die (noch zu beschließende) Veränderung in der Gesellschafterstruktur hat laut Kunstminister Blume Folgen für die Stimmgewichtung in den Gremien sowie für deren Größe. Ob mit der neuen Struktur auch der Verwaltungsrats-Vorsitz neu geregelt wird, ist noch offen.

Zuletzt hatten die Intendantin Katharina Wagner, Urenkelin des Komponisten, und der Geschäftsführer Ulrich Jagels, der seit 2021 im Amt ist, öffentlich Unstimmigkeiten über den Kartenverkauf ausgetragen. Dass die Festspiele - anders als je zuvor - in diesem Jahr nicht ausverkauft sind, schob Wagner auch auf Fehler im Vertrieb und auf höhere Ticketpreise, die Jagels als notwendig verteidigte.

Am Mittwoch folgt auf dem Grünen Hügel die Wiederaufnahme des „Ring des Nibelungen“ weiter. Die Neu-Inszenierung unter Regie von Valentin Schwarz war im vergangenen Jahr auf zwiespältiges Echo gestoßen, es gab zahlreiche Buh-Konzerte im Festspielhaus. Auch für die vier „Ring“-Abende gab es in diesem Jahr kurz vor Festivalbeginn noch Karten. Er wird dieses Jahr von Pietari Inkinen dirigiert, der 2022 kurzfristig erkrankt ausgefallen war. In der Rolle des Wotan ist Tomasz Konieczny zu hören, Erda wird gesungen von Okka von der Damerau und Alberich von Olafur Sigurdarson. (Tsp/dpa/AFP)

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