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Der Schriftzug Ohne Kunst und Kultur wird’s still stand während eines Lockdowns an der Fassade des Yorck Kinos in Berlin Kreuzberg.

© imago images/Bildgehege

Bemerkenswert stabile Lage: Wo bleibt die Effizienz-Prüfung?

Der Kultur in Deutschland geht es gut, sagt unser Autor. In anderen Ländern fragt die Politik schon längst nach dem Gegenwert für das investierte Steuergeld.

Ein Kommentar von Nikolaus Bernau

Die deutschen Kulturinstitutionen und die Künstler:innen in Deutschland können sich freuen, dass sie in einem so ungeheuerlich reichen und vergleichsweise solidarischen Land arbeiten und leben. Sicher, es gab Lücken in der Unterstützung während der Pandemie, auch massive Einbrüche, aber insgesamt ist die Lage bemerkenswert stabil geblieben.

Dass Künstler:innen keine Ateliers finden und abhängig sind von den Unbilden des Marktes, dass der Staat aus ihrer Sicht zu wenig tut, um sie zu unterstützen, dass Theater, Opern, Orchester, Museen, Bibliotheken und Archive an überholten Infrastrukturen, teilweise absurder Bürokratie, steigenden Digitalisierungskosten oder verfallenden Bauten leiden – all das war auch vor Covid-19 so, diese Nöte wurden allenfalls verschärft.

Insgesamt stehen die meisten Deutschen immer noch im Bann jenes magischen Wortes „Kultur“, das seit den Zeiten Lessings, Schillers und Goethes mit einem ganz eigenen Luftholen ausgesprochen wird. Auch deswegen sind alle Ansätze einer rechts-populistischen Kulturpolitik – das gehört in die Bilanz der bisherigen Covid-19-Seuche – gescheitert. Amerikanische Republikaner dagegen nutzten eifrig die Seuche als Gelegenheit, um die Axt an die Meinungs- und Wissensfreiheit anzulegen, Konservative in Großbritannien wollen den Sozial- und Kulturstaat zerschlagen.

Kulturinstitutionen sollten sich nicht in Sicherheit wiegen

Und der Krieg Russlands gegen die demokratische Ukraine ist auch einer, in dem kein Theater, keine Bibliothek, kein Museum, kein Kulturzentrum, keine Welterbestätte sicher bleibt vor Raketenangriffen, von den Künstler:innen ganz zu schweigen. Wir dagegen debattieren über Leila, Winnetou, die Selbst-Dekolonisierung der Institutionen. Gut so – aber auch Ausdruck einer ziemlich ruhigen Lage.

Dennoch: Gerade die „Hoch“-Kulturinstitutionen sollten sich nicht in Sicherheit wiegen. Bisher werden sie von der Politik nur im Ausnahmefall nach dem Gegenwert für das investierte Steuergeld gefragt. Sie müssen nur selten nachweisen, wen sie mit ihrer Arbeit erreichen, was sie tun, um breitere Gesellschaftsschichten zu integrieren, gar Einwanderer:innen oder Geflüchtete. Anders als beispielsweise in den Niederlanden oder Frankreich.

Die ehemalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters antwortete auf solche Effizienz-Nachfragen oft: „Es ist doch Geld für die Kultur“. Aber auch Kultur muss verantwortlich und mit der Idee von nachhaltiger Wirkung produziert werden. Sonst wird aus der Akzeptanz ganz schnell Unverständnis und dann Ablehnung durch eben jene Mehrheitsbevölkerung, die bisher redlich zahlt, aber oft viel zu wenig profitiert.  

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