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© dpa/Jens Kalaene

Welcher Film holt den Goldenen Bären?: Drei Tipps zum Abschluss der Berlinale

Die Filmfestspiele nähern sich ihrem Finale. Unsere Film-Experten geben Voraussagen ab, wer dieses Jahr das Rennen macht.

Am Samstag ist es soweit: Die Berlinale-Bären werden vergeben. Wer hat Chancen auf Gold? Und konnte das Festival halten, was es verspricht? In unserer Rubrik „3 auf 1“ analysieren drei Experten die Lage. (Alle Folgen „3 auf 1“ können Sie hier nachlesen)


Eine Debütantin als Favoritin

Die Berlinale ist größer als der Bären-Wettbewerb. Sie ist auch größer als Kristen Stewart, Cate Blanchett, Steven Spielberg, Sean Penn und die zahlreichen Stars, die dieses Jahr wieder den Weg nach Berlin gefunden haben. Aber Preise gehören nun mal zum Kerngeschäft von Filmfestivals, auch wenn es dann doch oft die anderen Filme sind, die später international Karriere machen.

Man hätte sich dieses Jahr ein paar Entdeckungen gewünscht, wenn Carlo Chatrian schon nicht mehr die großen Namen in den Wettbewerb kriegt. Darum ist die amerikanische Regie-Debütantin Celine Song mit ihrem Drama „Past Lives“, eine Selbstbefragung über die kulturelle Identität zwischen Südkorea und Amerika sowie über verpasste Lebenschancen, die aussichtsreichste Kandidatin auf den Goldenen Bären.

Ein stiller, nachdenklicher Film, der es in 2023 zudem noch weit bringen könnte. Mein Bär der Herzen geht aber an die Berlinerin Angela Schanelec für ihre kompromisslose und dabei sinnliche Ödipus-Adaption „Music“: einfach, weil sie den Glauben an das Kino aufrechterhält.


Junge Frauen sind Trumpf

Für mich gibt es in diesem Jahr mehrere Spitzenreiter, darunter der mexikanische Film „Tótem“ von Lila Avilés und der spanische Film „20,000 Species of Bees“ („20.000 Especies de Abejas“) von Estibaliz Urresola Solaguren. Beide bestechen durch ihre Menschlichkeit, beide sind von jungen Frauen.

„Totem“ portraitiert einen todkranken, jungen Vater, der mit seiner Familie seinen Geburtstag feiert. Es könnte sein letzter sein. Die spirituelle Qualität der Gegenüberstellung von Leben und Tod in einem singulären Ereignis verleiht dem Film eine transzendentale Qualität. „20,000 Species of Bees“ handelt von der Suche einer Achtjährigen nach ihrer Identität, ausgelöst durch ihr Unbehagen, bei ihrem Geburtsnamen genannt zu werden. Die Botschaft: So wie es Tausende von Bienenarten gibt, so gibt es auch eine Vielzahl von Möglichkeiten, eine Frau zu sein. Die Konfrontation eines Kindes mit diesem Thema in einem von Frauen dominierten Umfeld ist eine faszinierende Reise. Mein absoluter Favorit für den Goldenen Bären also? „20,000 Species of Bees“. 


Die Welt sieht Berlin

Berlinale hin oder her – es gibt Wichtigeres am Jahrestag des von Russland entfesselten Krieges. Das Gute an der Berlinale ist: Sie weiß das – und zeigt die Welt, wie sie ist. Filme aus der Ukraine und dem Iran führen uns den Kampf für Freiheit vor Augen. Das öffnet den Blick, weckt Menschlichkeit.

Die Berlinale ist ein politisches Festival, in diesen Zeiten mehr denn je. Und sie ist das größte Publikumsfilmfest der Welt, nach der Pandemie mehr denn je. Genau das stand nach einer gloriosen Eröffnung in Frage: Kehren die Menschen zurück ins Kino, um einen senegalesischen Essayfilm zu sehen?

Die Antwort der Berlinerinnen und Berliner: Na klar! Trotz Baustellen und fehlender Kinos am Potsdamer Platz, der als Berlinale-Zentrum wegsackt. Trotz eines digitalen Ticketverkaufs, der vieles vereinfacht außer spontane Kinobesuche. Trotz seelenloser Ausweichquartiere wie der Verti Music Hall mit hunderten Klappstühlen. Die Berlinale hat ihre Seele bewahrt. Als Festival, bei dem sich Berlin die Welt ansieht. Und die Welt sieht, wie toll Berlin ist. Als Stadt, die Freiheit lebt und auslebt.

Goldener Bär hin oder her - es gab auch bei dieser Berlinale Aufregenderes als den Wettbewerb. Den Publikumspreis hat jemand anders verdient: das Publikum.

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