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Büffelmaske aus Bamum, dem Kameruner Grasland. Sie befindet sich heute im Brücke Museum.

© Brücke Museum

Berlins koloniale Vergangenheit: Aufarbeitung als Alltagsgeschäft

Der Kulturausschuss lässt sich über die geplante „Erinnerungslandschaft“ berichten. Das Brücke Museum will alle seine 100 ethnografischen Objekten zeigen.

Wenige Monate vor Eröffnung des Humboldt Forums und eines dadurch gesteigerten Interesses, wie es das Ethnologische Museum mit dem Kolonialismus hält, hat sich auch der Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses das Thema vorgenommen. Dort ist man schon etwas weiter.

Vor genau einem Jahr fand mit einer Diskussionsveranstaltung das Kick-off für ein „gesamtstädtisches Konzept zu Berlins kolonialer Vergangenheit“ statt; im Mai 2020 hat die beim Verein Decolonize Berlin angesiedelte Koordinierungsstelle ihre Arbeit aufgenommen. Merel Fuchs, eine der drei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen, gab nun einen Zwischenbericht.

Eine Hauptgedenkstätte und mehrere dezentrale Erinnerungsorte

Bis Mai soll das Konzept stehen, das eine Hauptgedenkstätte vorsieht, dazu dezentrale Erinnerungsorte in Museen, dem Zoo, Botanischen Garten sowie Industriestandorten. Drei Gutachten wurden bislang in Auftrag gegeben, so Fuchs. Die zunehmenden Anfragen von Schulen und Institutionen bei der Koordinationsstelle bezeugen das wachsende Interesse am Thema.

Fuchs beklagte, dass es bislang noch keine systematische Aufarbeitung des Widerstands gegen den Kolonialismus gegeben habe: „Berlin war immer ein Ort des Widerstands.“ Hier dürfte die geplante „Erinnerungslandschaft“ ihren besonderen Akzent haben. Im letzten Doppelhaushalt wurden 700 000 Euro bereitgestellt, für den nächsten sind 1,3 Millionen Euro vorgesehen.

Der Bund fördert ein 5-Jahres-Projekt der Stiftung Stadtmuseum

Staatssekretär Torsten Wöhlert verwies zugleich auf ein bei der Stiftung Stadtmuseum auf fünf Jahre angelegtes Projekt, das von der Kulturstiftung des Bundes mit einer Million Euro gefördert wird und mit Ausstellungen, Recherchen und Veranstaltungen bis in die Bezirke hinein getragen werden soll. Die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus müsse künftig zum „Alltagsgeschäft“ der jeweiligen Akteure gehören, forderte er, sie dürfe nicht nur im Rahmen spezieller Projekte mit Sondermitteln stattfinden.

Und wie steht es mit der Restituierung der Benin-Bronzen?

Auf die Frage des Grünen-Politikers Daniel Wesener nach dem Stand der Restitution der Benin-Bronzen verwies Wöhlert erwartungsgemäß auf die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in deren Sammlungen sie sich befinden, und dass dies alles gar nicht so einfach sei. „Wir beginnen mit dem Brücke Museum, denn wir wissen, dass es dort Gegenstände gibt“, sagte Wöhlert.

Dort werden die etwa hundert ethnografischen Objekte, die Karl Schmidt-Rottluff seit den 1910er Jahren sammelte und die heute im Depot lagern, digitalisiert und in eine offene Datenbank eingepflegt, damit sich auch andere Wissenschaftler und Netzwerke an der Provenienzforschung beteiligen können.

Das Brücke Museum könnte Vorbild sein

Im Winter werden die Exponate dann komplett im benachbarten Kunsthaus Dahlem präsentiert, parallel zu einer Ausstellung über Kirchner, Nolde und den Kolonialismus, ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Amsterdamer Stedelijkmuseum und dem Kopenhagener Statens Museum for Kunst. Ein beherzter Schritt – so sieht offensive Auseinandersetzung aus. Den Machern des Humboldt Forums könnte es noch passieren, dass sie auf das kleine Brücke Museum als Vorbild verwiesen werden.

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