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Kultur: Bibelkreis

ROCK Sonntags zog es Michelle Shocked in die Kirche. Sie wollte Gospel-Musik hören und studieren.

ROCK

Sonntags zog es Michelle Shocked in die Kirche. Sie wollte Gospel-Musik hören und studieren. Wie inspirierend diese Ausflüge waren, kann man auf ihrem aktuellen Album „Deep Natural“ hören, mit dem sie ins Quasimodo dreht. Innerhalb von fünf Minuten verwandelt sie den kleinen Raum in ein Gotteshaus: Vorne wird vorgesungen, aus den Bänken kommt als Echo „Joy, joy, joy, Halleluja!“ Alle machen mit, weil die vierköpfig Band so schön groovt und die lachende Michelle Shocked in ihrer zu engen schwarzen Lederhose einfach mitreißend ist. Doch wenig später wird deutlich, dass die Texanerin bei ihren Kirchenbesuchen nicht nur die Musik begeisterte – auch der Pastor hat sie überzeugt. So erzählt sie während der wunderbaren Ballade „That’s so amazing“ plötzlich von ihren persönlichen Erweckungserlebnissen. Einen Song später berichtet sie aus der Sonntagsschule und bezeichnet sich als „born again Christian“. Zum Mitsingen findet sie jetzt kaum noch jemanden. Glücklicherweise besinnt sich Shocked nach jeder Predigt wieder aufs Singen. Erleichtert tanzt das Publikum vor allem zu den älteren Songs, bei den sentimentalen „Memories of East Texas“ finden sich sogar wieder einige Co-Sänger. Leider ist der missionarische Eifer der ehemaligen Polit-Aktivistin noch lange nicht erschöpft: Ausführlich und mit einer kirchentagsmäßigen Beseeltheit erzählt sie, wie umweltbewegte Christen mit ihren Gebeten den Bau einer japanischen PVC-Fabrik in der Nähe von New Orleans verhindert haben. Einen ähnlichen David-gegen-Goliath-Kampf hat Shocked selber gegen ihre frühere Plattenfirma geführt. Jetzt besitzt sie alle ihre Rechte und hat völlige kreative Freiheit. Für dieses Wunder muss man Gott tatsächlich danken.

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