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Szene aus "Dessau Dancers"

© Stephan Rabold/Senator Filmverleih/dpa

Retro-Komödie „Dessau Dancers“: Breakdance in der DDR

Erst die Beatmusik der Sechziger, dann die Punkszene der Achtziger und jetzt: Breakdance. "Dessau Dancers" blickt auf ein skurriles Detail der DDR-Kultur - und wie die Subkultur mal wieder von der Stasi aufgemischt wird.

„Es war ein ganz normaler Dienstag“, sagt der junge DDR-Bürger Frank (Gordon Kämmerer), „und nichts deutete darauf hin, dass Thomas Gottschalk mein Leben verändern würde.“ Aber in „Na sowas!“, das auf dem Fernseher in Dessau 1985 nur leicht unscharf zu empfangen ist, tritt „Mr. Robot“ auf – und die Welle, die durch den Körper des Breakdancers geht, bedeutet für Frank und seine Freunde eine Initialzündung. Als noch dazu der Hip-Hop-Film „Beat Street“ durch den Eisernen Vorhang in die Kinos der Republik dringt, ist das auch im sozialistischen Teil Deutschlands die Geburtsstunde einer neuen Jugendkultur.

In „Dessau Dancers“ blickt Jan Martin Scharf zurück auf dieses skurrile Detail der DDR-Kultur. Frank und sein Freund Alex (Oliver Konietzny) üben ganz wie ihre US-Vorbilder auf der Straße. Es dauert nicht lange, bis die grauen Herren der Stasi mit ihren Teleobjektiven anrücken. Die Parteiführung hatte immer ein wachsames Auge auf jugendliche Subkulturen, ob auf die Beatmusik in den Sechzigern, die Punkszene in den Achtzigern oder die ersten Breakdancer.

So werden die Jugendlichen, wenn sie in Tanz-Battles gegeneinander antreten, regelmäßig von der Volkspolizei aufgemischt. Aber die Kulturkader versuchen es nicht nur mit der Peitsche, sondern auch mit Zuckerbrot. Sie holen die Breakdancer von der Straße in die Turnhalle, lassen sie durch den erfahrenen Olympiatrainer Hartmann (Rainer Bock) ausbilden, statten die Truppe mit einem Künstlerausweis der Kategorie B aus und verkaufen das Ganze als „akrobatischen Showtanz“.

Zwischen Auflehnung und Parteidisziplin

„Dessau Dancers“ funktioniert als klassischer Tanzfilm mit zeithistorischem Bonus. Im engen Regelwerk des sozialistischen Systems lässt sich der Konflikt zwischen Befreiung und Vereinnahmung, die jeder jugendlichen Subkultur innewohnt, besonders plastisch darstellen. Vor einer ostalgischen Studiokulisse, die die Insignien des DDR-Alltags plakativ ausstellt, spielt sich der Kampf zwischen pubertärer Auflehnung und Parteidisziplinierung sorgfältig abgepuffert auf Komödienterrain ab. Das alles ist durchaus nett anzusehen – vor allem wegen der Tanzszenen, auch wenn der Mut zum schrillen DDR-Musical fehlt. Merkwürdiger Widerspruch: Kann man die Auflehnung gegen gesellschaftliche Konventionen feiern, wenn man sich selbst den Konventionen standarisierter TV-Formate willenlos andient? So bleibt von der braven Retro-Komödie vor allem ein fader Nachgeschmack.

Cinemaxx, Colosseum

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