zum Hauptinhalt
Blick in den Brafa-Messestand der Galerie Mathivet aus  Paris, die auf Objekte des Art déco spezialisiert ist.

© Jean-Michel Clajot

Brüsseler Brafa: Die ganze Skala der Künste

Die Brüsseler Brafa kehrt an ihren angestammten Platz im Kalender zurück und spielt erneut an der Spitze der europäischen Messen mit.

Von Alexandra Wach

Zwei Jahre hat es gedauert, bis sich die Brafa, die wichtigste belgische Kunst- und Antiquitätenmesse, von den Wogen der Pandemie erholt hat. Nach zwei Absagen bot sie zuletzt einen Ersatztermin im Juni am neuen Standort der Brüsseler Expo an. Ein Probelauf, der die Erwartungen offenbar erfüllt hat. Denn mit der Rückkehr zum alten Winterrhythmus nutzt man erneut die weitläufigen Räume. Für die 68. Ausgabe hat die Messe 21.000 Quadratmeter gegenüber 16.000 im Sommer in Beschlag genommen. Am ersten Preview-Tag trafen sich 130 Aussteller, traditionell mehrheitlich aus Belgien und Frankreich und 13 weiteren Ländern.                                 

Die „Kuss“-Skulptur von Rodin gibt es für 350.000 Euro

35 der noch 2020 anwesende Galerien sind nicht zurückgekehrt. Ausgeglichen wurde der Verlust durch elf Newcomer. Nicolas Bourriaud kam mit einer Version der berühmten „Kuss“-Skulptur von August Rodin für 350.000 Euro, die Librairie Amélie Sourget mit Schwerpunkt seltener Bücher hatte eine Erstausgabe von Descartes „Discours de la Methode“ von 1637 im Gepäck. Die Vielseitigkeit der Disziplinen war also garantiert, von der Antike über Silberwaren bis zur ethnologischen Kunst.

Die moderne und zeitgenössische Kunst nimmt mit fast sechzig Galerien inzwischen den größten Anteil ein, auch wenn das eklektische Nebeneinander weiterhin dominiert. Das fing schon mit dem berühmten Teppich an, der jedes Jahr speziell für die Veranstaltung hergestellt wird. Diesmal basierte er auf Originalentwürfen des belgischen Architekten Victor Horta.                                                                    

Die Wahl ist dem Thema geschuldet, das die Initiative der Region Brüssel-Hauptstadt festgelegt hat. Die Ausgabe 2023 ist dem Art Nouveau zu widmen, weshalb passende Objekte auf der Messe gleich an mehreren Ständen erhältlich waren. Thomas Deprez Fine Arts aus Brüssel etwa präsentierte für 20.000 Euro ein Set aus zwei Sesseln und einem Hocker, die ebenfalls auf das Konto von Victor Horta gingen. Bei Lennart Booij aus Amsterdam war eine Keramikvase von Émile Gallé erhältlich. Sie wurde 1889 auf der Weltausstellung in Paris gezeigt und verkaufte sich gleich in den ersten zwei Stunden an ein niederländisches Sammlerpaar.

Werke von Christo und Marc Chagall hängen hier nebeneinander

Aber natürlich geht es noch älter, denn was wäre die Brafa schließlich ohne die Alten Meister, vor allem die holländischen Klassiker? Am exquisiten Stand von De Jonckheere aus Genf hatte man die Wahl zwischen einer 600.000 Euro teuren „Versuchung des Heiligen Antonius“ von Pieter Huys, einem der Nachfolger von Hieronymus Bosch und dem „Porträt eines Herrn, in Schwarz, einen Hut tragend“ von Frans Hals von 1644/45 bei Douwes Fine Art aus Amsterdam. Wer ein Faible für alte Möbel hat, konnte sich bei Debütant Franck Anelli für eine halbmondförmige Kommode aus der Zeit Louis XVI. von Charles Topino begeistern. Der Preis lag bei 100.000 Euro.

Der Sektor moderne und zeitgenössische Kunst bot erwartungsgemäß Hochklassiges in Hülle und Fülle. Die 1964 gegründete Galerie Stern-Pissarro aus London mischte dialogisch die Werke von Christo und Chagall mit einem 420.000 Euro teuren, fauvistischen Porträt von Brügge von 1906 aus der Hand des Malers Auguste Herbin. Am Stand fiel auch ein für die Exzentrikerin Yayoi Kusama ungewöhnliches Gemälde eines Weinglases auf. Es verkaufte sich noch vor der Eröffnung für 400 000 Euro. Einen weiteren Fauve fand man bei der Londoner Galerie Willow.

Das 275.000 Euro teure Landschaftsbild von Maurice de Vlaminck stammte von dem berühmten Händler Ambroise Vollard. Wer schon immer einen James Ensor besitzen wollte, hatte dazu bei Philippe Seghers aus Ostende für 625 000 Euro die Gelegenheit. Das Gemälde „Coquillages“ von 1905 spiegelte die Familiengeschichte wider: Ensors Eltern und Großeltern mütterlicherseits waren Muschelhändler.

Man sollte sich aber auch einmal auf einem Stand mit Kuriositäten verlieren. Bei den Londonern Finch & Co. bekam man Raritäten aus aller Welt geboten, für nur 5750 Euro auch japanische Jingasa-Helme von 1750. Sie waren für die adlige Samurai-Kundschaft kunstvoll mit roten Drachen verziert. Der Designbereich wurde zu guter Letzt mit der Ankunft von drei Neuzugängen gestärkt. Neben der niederländischen Galerie Van den Bruinhorst und dem Pariser Pascal Cuisinier zeigte die New Hope Gallery aus Brüssel ein 145.000 teures Raumteiler-Sideboard des amerikanischen Designers George Nakashima. So gewinnt man an Gewicht und verfolgt weiterhin den Weg zur erstklassigen Messe.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false