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Will Toledo, Sänger von Car Seat Headrest.

© Matador

Car Seat Haedrest in Berlin: Auf die Glocke

Will Toledo und seine Band Car Seat Headrest gelten als große Hoffnung des Gitarrenrocks. Jetzt spielten sie im Festsaal Kreuzberg.

„Don’t get too excited“, sagt Will Toledo, als er in der zweiten Hälfte des Konzerts erstmals zur E-Gitarre greift, und lacht trocken. Dann schlägt der Mann aus Leesburg, Virginia (47000 Einwohner, 33 Meilen entfernt von Washington D.C.), eine der Saiten an und erhebt nach ein paar Sekunden seine Stimme. „You can drive across the whole thing in four days if you wanted“, singt er. „America“ heißt der Song, gemeinsam mit dem folgenden „Drunk Drivers/Killer Whales“ ergibt er so etwas wie das Herzstück des Konzerts. Fünf Tage reichen, um Amerika im Auto zu durchqueren. Das Berliner Publikum, sonst selten ganz bei der Sache, geht mit absoluter Textsicherheit in die beiden Songs. Es tanzt, springt, schwitzt, dass es eine Freude ist.

In fünf Tagen durch Amerika

Will Toledo, der Mann hinter Car Seat Headrest, ist eine der größten Entdeckungen des amerikanischen Gitarrenrocks. Ein schmächtiger Typ. Brille, dunkler Topfschnitt. Anfang des Jahrzehntes fand er auf fünf nur im Internet veröffentlichten Alben seinen Stil, bevor er bei Matador Records unterschrieb. Bei den amerikanischen Indie-Veteranen ist er gut aufgehoben, erschienen dort doch Platten von Bands wie Pavement oder Modest Mouse.

Doch so sehr sein Indierock in den 90er-Jahren geschult sein mag, er und seine fünf Musiker brechen ihn im gut gefüllten Festsaal Kreuzberg immer wieder auf. Dann lässt Toledo die einzelnen Songs frei drehen. Manchmal wird es dabei laut, vor allem weil seine Band nicht nur über einen Schlagzeuger, sondern auch über einen gut ausgestatteten und ausgeprägt agilen Perkussionisten verfügt, der gerne den Animateur gibt: Einmal holt er sogar zwei Fans aus den ersten Reihen auf die Bühne, drückt ihnen Kuhglocken in die Hand und sorgt so für zusätzlichen Wumms.

Klangwolken und Gitarrenlärm

Bisweilen löst Toledo die Fäden aber auch komplett auf. Dann übernehmen einzelne Töne oder Patterns aus Gitarre, Keyboard und Synthie für ein, zwei Minuten. So entstehen kleine, fast progressiv anmutende Klangwolken, die immer wieder im richtigen Moment von saftigen Gitarren zur Seite gedrückt werden. Zum Beispiel in „Cute Thing“, dem vielleicht besten Song auf dem unlängst erschienenen Album „Twin Fantasy“. „Give Me Frank Oceans Voice and James Browns Stage Presence“, singt Toledo und man möchte ihm zurufen: Warum eigentlich, Will? Funktioniert so doch auch ganz gut.

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