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Cinema for Peace

© dpa

Cinema for Peace: Neben-Berlinale für Gutmenschen

Die Veranstaltung "Cinema for Peace" zeigt mit einem Bündel eigener Filmpreise falschen Ehrgeiz und verliert an Wirkung.

Spät nachts, als die Gala mit ihren zahllosen Preisen und Lobreden und die überlange Auktion endlich vorüber war, stand plötzlich UN-Sonderbotschafterin Waris Dirie neben Saif Gaddafi, dem Sohn des libyschen Staatschefs, dessen Besuch bei „Cinema for Peace“ im Vorfeld heftig diskutiert wurde, obwohl er mit Menschenrechten anders umgeht als sein Vater und sich auch bei der stehenden Ovation für den internationalen Chefankläger Luis Moreno Ocampo, erhob. Waris Dirie hat gerade festgestellt, dass sie und Gaddafi Junior in Wien Nachbarn sind. „Wir haben uns zum Kaffee verabredet, da können wir das alles mal in Ruhe besprechen“, sagte sie. Nichts ist für den Frieden förderlicher, als Begegnungen von Menschen, die beginnen, Vorurteile übereinander abzubauen.

Auch gemeinsames Singen hilft. Wer 2000 Euro spendet, darf am Ende auf die Bühne und gemeinsam mit den Stars ein Lied singen, diesmal „With a Little Help From My Friends“. Dass sich Bob Geldof, Rudolf Schenker von den Scorpions, Florian Langenscheidt und Nadja Auermann das nicht entgehen lassen, überrascht nicht so sehr. Dass aber der bei Galas sonst so knurrige Ex-Außenminister Joschka Fischer in den schräg, aber dafür schön laut singenden Chor einstimmte, darf vielleicht auch als gutes Zeichen dafür gewertet werden, dass die Getränke nicht zu knapp dosiert waren.

Mehr noch als gute Getränke führt schneller Erfolg, leicht zu Größenwahn. Einer der vielen Festredner, Bob Geldof, deutete an, dass Cinema for Peace auf dem besten Wege sei, bedeutender zu werden als die Berlinale selbst. Das ist natürlich Unsinn. Zwar kamen nach Angaben der Veranstalter 500 000 Euro für gute Zwecke zusammen, da der Run auf die Karten so groß war, dass die Tickets 2500 Euro kosteten und die Auktion 300 000 Euro brachte. Aber schon der langatmige Versuch, eine ursprünglich gelungene Gala in eine Neben-Berlinale für Gutmenschen zu verwandeln, alarmiert. Bei Cinema for Peace finden große Stars seit 2002 eine gute Plattform, um ein Licht zu werfen auf Missstände.

Wo aber zu viele Stars für zu viele gute Zwecke auf einmal werben, verwässert am Ende alles. Da verlieren die Gäste schlicht den Überblick. Ein einzelner Satz kann die Herzen stärker berühren als ein Bündel von Preisen. Dass weder der Regierende Bürgermeister noch Berlinale-Chef Dieter Kosslick kurz vorbei schauten, ist vielleicht auch eine Mahnung . „Cinema for Peace“ nutzt die Berlinale aus für eigene gute Zwecke, sollte aber eine friedliche Koexistenz anstreben. Von perfekter Organisation ist die Gala ebenso weit entfernt ist wie von gepflegter Langeweile. Immerhin zeigt sie, dass Frieden damit beginnt, sich auseinanderzusetzen. Über Probleme in Russland, Libyen und Darfur redet man sonst eher nicht in Smoking und Abendkleid.

Waris Dirie, die als Kind aufgebrochen ist aus unvorstellbarer Armut und eine beispiellose Karriere geschafft hat, gab den Geist vor, in dem so eine Gala wirken kann. „Nächstes Jahr komme ich wieder“, sagte sie strahlend zum Abschied. „Und dann bin ich ein stärkerer, ein besserer Mensch. 

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