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Was verbindet Donald Duck mit Franz Schubert? Antworten auf diese und andere Fragen gibt das Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach. Am 1. August wird es eröffnet.

© Erika-Fuchs-Haus

Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach: Entenhausen liegt im Fichtelgebirge

In Schwarzenbach an der Saale eröffnet an diesem Wochenende das Erika-Fuchs-Haus. Es ehrt die geniale Comic-Übersetzerin - und die Kunstform als Ganzes.

Dass das erste Comic-Museum Deutschlands ausgerechnet im Fichtelgebirge angesiedelt ist, provoziert nur außerhalb der Comic-Szene Erstaunen. Denn die promovierte Kunsthistorikerin Erika Fuchs, deren Ehemann im oberfränkischen Schwarzenbach eine Ofenfabrik leitete, gilt als „grande dame“ des deutschen Comics. Von ihrem Wohnort aus war sie von 1951 bis 1988 Chefredakteurin der deutschen Micky-Maus-Ausgaben - und vor allem deren Übersetzerin. Das Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach wird am 1. August eröffnet.

Fuchs erfüllte die Figuren des amerikanischen Comic- und Zeichentrick-Kosmos Entenhausen - im Original „Duckburg“ - derart mit Leben, dass die deutsche Ausgabe mitunter kreativer daherkam als die Vorlage. Der steinreiche Geizhals Dagobert etwa spricht vornehm und gesetzt, die Panzerknacker-Bande kommuniziert im Berliner Gossenjargon, und Donalds pfiffige Neffen Tick, Trick und Track reden die Jugendsprache ihrer Zeit. Derlei feine Differenzierungen sind in den USA unbekannt.

Grübel, grübel, schwupp, krach!

Fuchs erfand Kunstwörter, nutzte die Möglichkeit der deutschen Sprache zu schier uferlosen Alliteration und schuf sogar eine neue Verbform - den Inflektiv, der Übersetzerin zu Ehren auch Erikativ genannt, der das Verb auf seine Stammform reduziert („grübel und studier!“). Erstmals konnte das erstaunte Publikum in Deutschland sprachlich mitempfinden, wenn einem Comic-Protagonisten wie dem jähzornigen Donald eine Vase zu Bruch ging: „Schwupp - krach!“

„Die sprachliche Qualität dieser Übersetzungen trug wesentlich dazu bei, Comics vom Schmuddelimage zu befreien, das ihnen in den 1950er und 1960er Jahren noch anhing“, sagt Alexandra Hentschel. Die Kulturwissenschaftlerin, die das Museumsprojekt seit zweieinhalb Jahren betreut, führt durch die nagelneuen Räume, die einen ganz dem Genre verpflichteten bunten Stil pflegen und vor Kreativität bersten: Staun!

Nach einem achtminütigen Video-Parforceritt durch die Geschichte des Comics können die Besucher Entenhausen begehen. Kleine, sprechblasenartige Erläuterungen zwischen den grafischen Reproduktionen lassen wissen, was dem Berufsethos der Panzerknacker widerspricht (Mord) oder welches Geräusch in Daniel Düsentriebs Werkstatt vorherrscht (peng!).

In Video-Stationen erklären ein Kriminalbiologe, ein katholischer Theologe oder eine Soziologin die gesellschaftlichen Geheimnisse der Comicstadt, von der ein eifriger Donaldist in 13-jähriger Arbeit gar einen Stadtplan gefertigt hat - der natürlich zum interaktiven Museumsinventar gehört. Dass Entenhausen im Fichtelgebirge liegt, wird aus den vielen Orts- und Personennamen ersichtlich, die Erika Fuchs aus ihrem persönlichen Umfeld in die Hefte schmuggelte - von Schnarchenreuth bis nach Kleinschloppen.

Weiter geht es zu einer Hommage, die der preisgekrönte Comiczeichner Simon Schwartz als Auftragsarbeit gefertigt hat: Das Leben von Erika Fuchs als biografischer Comic, das einstündige Treffen mit Donald-Schöpfer Carl Barks inklusive. Der größte Teil des neuen Museums widmet sich dann der Sprachkunst von Erika Fuchs, immer bestrebt, die Besucher zum Weiterdenken zu animieren: Man kann vor dem Spiegel die Mimik von Comic-Helden nachspielen oder im „onomatopoetischen Kabinett“ Wortentsprechungen für Comic-Geräusche erfinden - und dann mit Fuchs' Ideen vergleichen. Eine Galerie, in der berühmte deutsche Comiczeichner wie Ralf König oder Flix eigene Geschichten aus Sätzen von Fuchs entwickelt haben, führt in eine Bibliothek voller Comics und Comic-Literatur.

Gut fünf Millionen Euro kostet das Projekt, ergänzt Bürgermeister Hans-Peter Baumann: Der Löwenanteil kommt von Bund, Land und diversen Kulturstiftungen. Für die 7.500-Seelen-Stadt im strukturschwachen Nordosten von Bayern erhofft er sich ein „Alleinstellungsmerkmal“, das Menschen zwischen 5 und 85 Jahren anspreche. (epd)

Thomas Greif

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