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Wieder und wieder: Eine Doppelseite aus „Die Ursache“ (für Komplettansicht auf Kreuz-Symbol klicken).

© Residenz-Verlag

Thomas Bernhards „Die Ursache“ als Comic: Düsterer Meister

Besser lassen sich diese Erfahrungen nicht zeichnen: Lukas Kummer hat Thomas Bernhards „Die Ursache“ als klaustrophobischen Comic umgesetzt.

Die Frage, ob man die eigenwillige Prosa von Thomas Bernhard zeichnerisch darstellen kann, dürfte schon viele Illustratorinnen umgetrieben haben – und dann wieder Abstand davon nehmen lassen. Zu groß ist die Gefahr des Scheiterns.

Nicolas Mahler hat 2013 Bernhards späten Roman „Alte Meister“ kongenial grafisch umgesetzt. Er verzichtete klugerweise darauf, eine eigene Geschichte zu erzählen – und erging sich wie die Vorlage grafisch in Wiederholungen.

Auch der Illustrator Lukas Kummer hat sich daran ein Beispiel genommen, als er sich Bernhards 1975 veröffentlichte autobiografische Erzählung „Die Ursache“ vornahm. Bernhard erzählt darin von seiner Salzburger Internatszeit, in einer Sprache, in die kaum ein Lichtstrahl dringt. Kummer hat diese Düsternis konsequent in Schwarz-Weiß und ein paar Grauschattierungen übersetzt.

Auf einmal geht die Sonne auf

Seine Figuren sind als solche zu erkennen, haben aber nur angedeutete Gesichtsmerkmale. Wie Mahler setzt Kummer auf das Prinzip der sich wiederholenden Bilder, auf Zeichnungen, die sich nur wenig unterscheiden. Wenn dann auf zwei Seiten 24 kleine, hochformatige Bilder nebeneinanderstehen, bekommt man einen guten Eindruck von der Klaustrophobie des Erzählers und dieses Buches.

Als sich der kleine Thomas auf den Weg zu seinem Großvater über die Grenze macht, zu einem seiner wenigen Lebensmenschen, wechselt auch Kummer die Perspektive vom rasternd-irritierenden Hochformat zum lichten Querformat. Auf einmal sieht man sogar einmal eine Sonne aufgehen. Das bleibt die Ausnahme.

Nach der Lektüre sehnt man sich umso mehr nach Farben, muss aber eingestehen: Besser lassen sich Bernhards Internatserfahrungen gar nicht zeichnen.

Thomas Bernhard / Lukas Kummer: Die Ursache, Residenz-Verlag, 112 Seiten, 22 Euro.

Das Titelbild des besprochenen Buches.
Das Titelbild des besprochenen Buches.

© Residenz-Verlag

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