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Kultur: Das Kleingedruckte der Stadt

ARCHITEKTUR 2

Warum macht sich ein Verlag an die Herkulesarbeit eines Architekturführers für Berlin , wo es doch derlei bereits hinreichend gibt? ( Guido Brendgens, Norbert König: Berlin Architektur. 528 Seiten, 24,95 Euro, Jovis Verlag Berlin 2003.) Ist es das Streben nach Vollständigkeit, das hier zu eindrucksvollen 1400 Bauten und Gesamtanlagen führt – doppelt so viele wie etwa bei der Konkurrenz aus dem Dietrich Reimer Verlag? Lücken wird es dennoch geben, so fehlt zum Beispiel das Haus Lewin von Peter Behrens, und die Caniniuskirche von 1957 ist vor 8 Jahren abgebrannt und längst durch einen wunderbaren Neubau ersetzt. Ist es ein anderes Architekturverständnis, das sich Gehör verschafft?

Erkennbaren Vorlieben haben sich die Autoren nicht hingegeben und die Einführung haben sie an den ETH-Professor Vittorio Magnago Lampugnani und den „Häuser“-Chefredakteur Wolfgang Nagel delegiert. Die äußerst knapp gehaltenen Texte liefern nur die allerwichtigsten Fakten, die Bilder sind in Briefmarkengröße, Grundrisse nur sehr sparsam beigegeben, die Bildunterschriften layoutbedingt nur schwer zu lesen. Ist die kleine Schrift schon nicht gerade lesefreundlich, so wird das Register nur der junge Mensch mit ungetrübter Sehkraft und bei bester Beleuchtung entziffern können. Stadtpläne, für einen Architekturführer eigentlich unverzichtbar, fehlen, dafür gibt es die Pläne von U-Bahn und Tram, die in schwarzweiß kaum zu erkennen sind. Der Architekturfreund wird entscheiden müssen, ob er der Funktion des Buches als umfassendes Nachschlagwerk mehr Gewicht beimisst als der Brauchbarkeit bei Stadtwanderungen. Nur dann wird er damit gut bedient sein.

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