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Meister der Verbindung von Alt und Neu: Der Architekt Peter Kulka.

© dpa/Ralf Hirschberger

Dem Baumeister Peter Kulka zum 80.: Seine Architektur will heilen

Ob Dresdner Residenzschloss oder Potsdamer Stadtschloss, er setzt der Vergänglichkeit etwas entgegen. Dem großen Baumeister Peter Kulka zum 80.

Als Siebenjähriger erlebte er die Zerstörung seiner Heimatstadt Dresden. Als 27-jähriger Jungarchitekt erlebte er den Siegeszug des industriellen Plattenbaus in der DDR und ging in den Westen. Zwei Daten, die im Kern alles enthalten, was über Peter Kulka zu sagen ist. Dass er die Schönheit gekannt hat, die Schönheit Dresdens, und dass er diese Schönheit in einer Nacht hat verglühen sehen. Und dass er gesehen hat, dass die Industrialisierung keine Antwort wusste, keine Antwort sein konnte auf das Verlangen nach Schönheit.

Was er als Architekt der Vergänglichkeit entgegensetzen kann – das ist das Generalthema seiner Baukunst. Ständig mahnt er die Dresdner, deren feiner Tonfall ihm auch nach Jahrzehnten im Rheinland nie abhanden gekommen ist, sie seien zu „selbstverliebt“ und Dresden „zu schön“. Er weiß es natürlich besser. Der Wiederaufbau des Residenzschlosses, dem er seit 15 Jahren Saal um Saal hinzufügt, zählt zu den ganz großen Leistungen der deutschen Architektur unserer Zeit. Nicht, weil Kulka wiederherstellte, was war, sondern weil er in Kenntnis des Gewesenen neue Räume schafft, die das historische Gedächtnis bewahren und zugleich den unwiederbringlichen Verlust bekennen. Und im Stillen beweinen.

Die Wende in Deutschland war auch Wende für Kulka

Sich selbst hat er ein Haus gebaut, das im Inneren nackte Betonwände zeigt. Sein schönstes Werk außerhalb von Dresden ist das „Haus der Stille“ im westfälischen Meschede, ein mönchischer Bau für ein Kloster. Aus Sichtbeton, versteht sich. Im Westen galt Kulka als „Minimalist“; noch 2005 stellte die Ausstellung, mit der ihn das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt am Main endlich würdigte, in ihrem Titel „Minimalismus und Sinnlichkeit“ diesen Aspekt an die erste Stelle. Furchtbar viel hat Kulka in den Kölner Jahrzehnten nicht gebaut.

Die Wende in Deutschland bedeutete auch für ihn die Wende. Der Sächsische Landtag, 1991 prämiiert, brachte den Durchbruch. Fortan baute Kulka „im Osten“, in Meiningen, Magdeburg, Leipzig und natürlich Dresden. Wo er Neues entwarf, wurde es streng rational, rechtwinklig, klar, da deutete nichts darauf hin, dass er im Westen anfangsdrei Jahre lang bei Scharoun gearbeitet hatte. Wo er aber im historischen Kontext baute, wie bei der Galerie für Zeitgenössische Kunst in Leipzig, setzte er das Neue selbstbewusst gegen das Alte, ohne es deswegen zu verletzen. Die Überdachung des Kleinen Schlosshofs in Dresden zeigt ihn als souveränen Meister solcher Verbindung von Alt und Neu. In Potsdam fiel ihm beinahe schon selbstverständlich die Aufgabe zu, das niedergerissene Stadtschloss als Brandenburgischen Landtag neu zu errichten.

Blick auf die Fassade des Landtages im Stadtschloss Potsdam. Das Schloss der preußischen Könige in der historischen Mitte Potsdams wurde nach den Plänen des Dresdner Architekten Peter Kulka wieder aufgebaut.
Blick auf die Fassade des Landtages im Stadtschloss Potsdam. Das Schloss der preußischen Könige in der historischen Mitte Potsdams wurde nach den Plänen des Dresdner Architekten Peter Kulka wieder aufgebaut.

© Ralf Hirschberger/dpa

Die Dresdner Frauenkirche übrigens hat Kulka nie im Original gesehen. Am Tag vor ihrer Zerstörung, als er mit seiner Mutter in in der Stadt unterwegs war, reichte die Zeit nicht zu einem Besuch. Man kann nur ahnen, wie diese Lücke in der eigenen Erinnerung ihn geschmerzt haben muss. Seine Architektur will heilen, was Menschen an sich selbst kaputt gemacht haben. Er weiß, dass auch Heilung schmerzhaft ist.

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