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Am besten kommen die Verlagskonzerne durch Krisen - und was ist mit den kleinen Betrieben?

© dpa

Verlagskrise: Den Kleinen den (Buch-)Rücken stärken

Warum nicht über staatliche Förderung für kleine Verlage nachdenken? Schließlich gehören sie auch zum Bereich Kultur, in dem viel gefördert wird. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerrit Bartels

Es ist bei dieser Frankfurter Buchmesse viel von den sechs bis zwölf Millionen Leserinnen und Lesern die Rede gewesen, die dem Buch in den vergangenen Jahren den Rücken gekehrt hätten. Das trifft die Branche hart, und besonders die kleinen, unabhängigen Verlage, die ohnehin Jahr für Jahr ums ökonomische Überleben kämpfen. Sie haben schon Schwierigkeiten, ihre Titel in den Buchhandlungen zu platzieren, den großen zumal, die Erhöhung der Portokosten für Buchsendungen durch die Post um 20 Prozent ist für sie belastender als für die mittelständischen und großen Konzernverlage, und seit zwei Jahren kommt erschwerend bis existenzbedrohend das Bundesgerichtshofsurteil zur Verwertungsgesellschaft Wort hinzu, dass sie zu Rückzahlungen an Autoren verpflichtete.

Der Münchner A 1 Verlag und der Frankfurter Stroemfeld Verlag mussten beide in den vergangenen Monaten Insolvenz anmelden. Der Tübinger Verleger Hubert Klöpfer sucht seit zwei Jahren vergeblich einen Nachfolger für seinen wirtschaftlich gesunden Verlag Klöpfer & Meyer und setzt erstmal das Frühjahrsprogramm 2019 aus, der Berliner Christoph Links Verlag konnte unter das Dach des Aufbau Verlags schlüpfen und häufig machen Gerüchte die Runde, dass schon wieder ein unabhängiger Verlag vor dem Aus stehe. Da war es für die Szene der Kleinverlage mal eine positive Nachricht, dass Kulturstaatsministerin Monika Grütters zu Beginn dieser Frankfurter Buchmesse verkündete, „angesichts der angespannten Situation gerade kleinerer und anspruchsvoller Verlage“ einen Deutschen Verlagspreis ins Literaturleben zu rufen und mit einer Million Euro zu fördern – so, wie es die unabhängigen Verlage Anfang des Jahres schon einmal in ihrer gemeinsam verfassten „Düsseldorfer Erklärung“ gefordert hatten. „Mit aller Kraft“ wolle sie sich „für die Erhaltung einer lebendigen Buch- und Verlagslandschaft einsetzen“, sagte Grütters bei der Verkündung ihrer Entscheidung. Was wieder einmal die Frage aufwirft, ob man sich bei der Bundesregierung nicht grundsätzlich über eine staatliche Förderung von Verlagen Gedanken machen sollte – letztlich gehören sie doch auch zum Bereich Kultur, in dem viel gefördert wird. In Österreich gibt es Verlagsförderung seit über 30 Jahren, und auch in der Schweiz hat man sich 2015, nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses und der damit verbundenen Stärkung des Franken, die die Schweizer Verlage in schwere ökonomische Turbulenzen stürzte, von staatlicher Seite dazu entschlossen, die Verlage mit knapp zwei Millionen Franken pro Jahr zu fördern.

Würde eine Förderung die Unabhängigkeit gefährden?

Tatsächlich ist in Deutschland die Buchpreisbindung schon eine Art staatlicher Förderung; auch die im Jahr 2000 von dem damaligen Kulturstaatsminister gegründete Kurt Wolff Stiftung hat als Interessenvertretung der unabhängigen Verlagsszene viel Gutes bewirkt, nicht zuletzt durch die jährliche Verleihung eines mit 26 000 Euro dotierten Preises; immer wieder arbeiten kleinere Verlage auch mit anderen Stiftungen zusammen, um bestimmte, nicht für den Markt bestimmte Bücher oder Werkausgaben zu finanzieren. Doch eine jährliche Ausschreibung bestimmter Gelder für konzernunabhängige, kleine Verlage würde die kulturelle Vielfalt sowie die von literarischen Themen und Ausdrucksformen noch stärker sichern.

Eine Förderung würde zum Beispiel der nicht bestsellerverdächtigen Lyrik eine Stütze sein, sie könnte der Wiederentdeckung oder Neuübersetzung verschollener Werke helfen und hätte den Vorteil, dass die Verlage um Bücher mitbieten (und sie dann veröffentlichen) könnten, die sich womöglich auf dem Buchmarkt durchsetzen. So hat es zum Beispiel der österreichische Jung und Jung Verlag mehrmals geschafft, Titel auf der Long- oder Shortlist des Deutschen Buchpreises zu platzieren und mit Melinda Nadj Abonjis Roman „Tauben fliegen auf“ 2010 und Ursula Krechels „Landgericht“ 2012 den Preis gar zu gewinnen.

Wie aber stünde es im Fall weiterer staatlicher Förderungen mit der Unabhängigkeit der Verlage? Man denke nur daran, dass in Österreich der FPÖ nicht daran gelegen sein dürfte, explizit linke Verlage zu unterstützen. Was gäbe es gerade in Deutschland für Diskussionen, würde diese Förderung, so wie in Österreich, mit der Auflage verbunden, zur Hälfte einheimische, eben deutsche, deutschsprachige Titel zu veröffentlichen. Zumal Kleinverlage keine Garantie für Meisterwerke darstellen. Auch hier schon mal Murks veröffentlicht wird. Genauso würde es Debatten darüber geben, wer von den vielen kleinen Verlagen staatliche Gelder erhielte und wer nicht. Was etwa, wenn zum Beispiel ein Vermögen im Hintergrund eines Kleinverlags rote Zahlen korrigieren kann? Und hierzulande sind die rechten Verlage konzernunabhängig und würden es ziemlich sicher als „diskriminierend“ empfinden, sollten sie nicht mit Geld bedacht werden.

Trotzdem: Angesichts der Krise auf dem Buchmarkt und der zunehmenden Konzentration marktbeherrschender Verlage kann eine weitere staatliche Förderung der unabhängigen Verlagsszene nur sinnvoll sein. Mit dem deutschen Verlagspreis hat Monika Grütters einen guten Anfang gemacht und ihre kulturpolitische Kreativität unter Beweis gestellt.

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