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Weltkulturerbe. Fünf antike Schätze fordert die türkische Regierung von den Staatlichen Museen zu Berlin zurück, der Pergamonaltar ist zum Glück nicht dabei. Er bleibt in Berlin, die Türkei erhebt keine Restitutionsforderungen.

© Kai-Uwe Heinrich

Politik & Archäologie: Der Antikenstreit eskaliert

Der türkische Kulturminister Ömer Celik fordert fünf antike Schätze aus Berlin zurück und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie gegen deutsche Archäologen.

Ein oberster deutscher Museumshüter, der der Türkei „fast schon chauvinistisches“ Verhalten vorwirft, ein türkischer Kulturminister, der eine Entschuldigung fordert – und vor allem die Rückgabe antiker Schätze: Der Streit zwischen Deutschland und der Türkei in Sachen Antikenrückgabe und Archäologie eskaliert. Im „Spiegel“-Interview fordert Kulturminister Ömer Çelik die Rückgabe von fünf Objekten aus Berlin, die nach seiner Auffassung illegal aus der Türkei ausgeführt wurden: den Torso des „Fischers von Aphrodisias“ aus dem Alten Museum, den Sarkophag des Haci-Ibrahim-Veli-Grabmals aus dem Museum für Islamische Kunst, eine Gebetsnische aus dem 13. Jahrhundert sowie einen Fensterflügel aus der Beyhekim-Moschee und die Iznik-Kacheln aus der Piyale-Pasha-Moschee. Man bemühe sich auf offiziellem Wege um Restitution.

Bei drei Objekten – dem Torso, dem Sarkophag und der Gebetsnische – hatte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, bereits im Dezember jeden Anspruch zurückgewiesen. Sie seien legal nach Deutschland gekommen, sagte er damals dem „Spiegel“. Gleichzeitig hatte er zur Verweigerung von Grabungslizenzen für deutsche und französische Archäologen und zur geringen Kooperationsbereitschaft des türkischen Staats gesagt: „Wie sich die Türkei jetzt verhält, das kommt mir manchmal fast schon chauvinistisch vor.“ Çelik fordert eine Entschuldigung für diesen Satz. Gegenüber dem Tagesspiegel wollte sich Parzinger am Sonntag nicht äußern, weder zu dieser Forderung, noch zu den teils neuen Ansprüchen auf Berliner Objekte.

Çelik erhebt nicht nur schwere Vorwürfe gegen die Staatlichen Museen Berlins, sondern auch an die Archäologen. Viele Deutsche in der Türkei würden die Standards nicht einhalten und die Stätten als „wüste Landschaft“ zurücklassen. Als Beispiele nennt er Göbekli Tepe in Südostanatolien – wo im Jahr 2000 eine 11500 Jahre alte Statue gestohlen wurde, angeblich wegen mangelhafter deutscher Sicherheitsmaßnahmen – und die deutsche Grabungsstätte in Milet. Dort werde seit 114 Jahren gearbeitet, „doch ist bis heute nicht einmal für den Wasserabfluss gesorgt“, weshalb Teile eines Weltkulturerbes unter Wasser stünden.

Einen Zusammenhang zwischen nur zögerlich erteilten oder verweigerten Grabungslizenzen und abgelehnten Rückgabeforderungen streitet der türkische Kulturminister hingegen ab. „Wir haben die Genehmigungen entzogen, weil die Standards nicht eingehalten wurden.“ Andere Gründe gebe es nicht. Parzinger, der vor seinem Amtsantritt bei der Preußen-Stiftung 2008 Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts war, hatte dazu schon im Dezember erklärt, die Türkei könne umgekehrt einmal anerkennen, „was ausländische Archäologen für den Erhalt des kulturellen Erbes und damit indirekt auch für die enorme Entwicklung des Tourismus in der Türkei geleistet haben“.

Wenigstens in einer Sache sind sich der Kulturminister und der Stiftungspräsident einig. Der Pergamonaltar, dessen Übergabe an die deutschen Behörden zur Zeit des Osmanischen Reichs laut Çelik mit Genehmigung erfolgte, bleibt in Berlin. Den größten Schatz der Museumsinsel fordert die Türkei nicht zurück.

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