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Kultur: Der Fall Milosevic: Morgengabe: Wie die Geberkonferenz auf die Überstellung von Milosevic reagiert

War es nun eine perfekte Inszenierung oder purer Zufall? Die Auslieferung von Slobodan Milosevic, nur wenige Stunden vor Beginn der Brüsseler Geberkonferenz für Jugoslawien, wirkte jedenfalls wie ein politischer Paukenschlag der neuen Regierung in Belgrad.

War es nun eine perfekte Inszenierung oder purer Zufall? Die Auslieferung von Slobodan Milosevic, nur wenige Stunden vor Beginn der Brüsseler Geberkonferenz für Jugoslawien, wirkte jedenfalls wie ein politischer Paukenschlag der neuen Regierung in Belgrad. Die erhoffte Reaktion ließ am Freitag in Brüssel nicht lange auf sich warten: "Die neue demokratische Regierung in Belgrad hat uns damit auf deutliche Weise gezeigt, dass sie die Probleme mit der Vergangenheit in den Griff bekommt", sagte Catherine Day, die als Vertreterin der EU-Kommission - und damit des mit Abstand größten Geldgebers - bei der Brüsseler Jugoslawienkonferenz eine Schlüsselrolle spielte. "Die internationale Staatenwelt hat nun Gelegenheit, ihre Solidarität mit dem neuen Jugoslawien unter Beweis zu stellen", fügte sie sanft mahnend hinzu und ließ den Klingelbeutel kreisen.

Die Aufforderung war nicht vergebens. Als die USA am Freitagmorgen dem Vertreter Belgrads 181,6 Millionen Dollar zusagte - ursprünglich hatte man auf 100 Millionen gehofft - sprach man in Brüssel schon vom "Slobo-Effekt". Offiziell streiten die US-Diplomaten den Zusammenhang zwischen Auslieferung und Erhöhung der in Aussicht gestellten Hilfe rundweg ab. "Die Entscheidung dazu ist schon vor Tagen gefallen, als die neue jugoslawische Regierung ihre Grundsatzentscheidung bekannt gab, mit dem UN-Tribunal in Den Haag eng zusammenzuarbeiten und Milosevic auszuliefern", heißt es aus US-Kreisen.

Zum Thema Rückblick: Milosevics Verhaftung Link: Die Anklageschrift des UN-Tribunals (englisch) Washington hat seine Zusage der Finanzhilfe zudem strikt an das künftige politische Wohlverhalten der Belgrader Regierung gebunden. Das Geld werde nur fließen, wenn Serbien auch in Zukunft eng mit dem Den Haager Tribunal zusammenarbeite. Die EU begrüßte zwar auch lebhaft den politisch mutigen, innenpolitisch riskanten Schritt Belgrads. Sie erwartet von der neuen Regierung auch ein verstärktes Engagement bei der Demokratisierung des Landes, hat aber ihre Hilfe nie so direkt von der Erfüllung politischer Forderungen abhängig gemacht wie Washington. "Die Menschen, die unter dem Regime Milosevics gelitten haben, brauchen dringend Hilfe", sagt ein EU-Beamter, der in Brüssel die humanitäre Hilfe organisiert. Die EU hat bisher 631,6 Millionen Euro für Lebensmittelhilfe, für Armutsprogramme oder für Energie im Winter ausgezahlt.

Die wirtschaftliche Lage in dem Land ist dennoch nach wie vor katastrophal: Die Wirtschaft liegt am Boden, die Arbeitslosigkeit ist auf 35 Prozent geklettert. 70 Prozent der Bevölkerung lebe unter der Armutsgrenze, 600 000 Flüchtlingen aus dem Kosovo, Kroatien und Bosnien fehle das Nötigste, berichtete der Vize-Premier Jugoslawiens, Miroljub Labus.

In den nächsten Monaten brauchen Serbien und Montenegro, die den Rest-Bundesstaat Jugoslawien bilden, dringend Soforthilfen in Höhe von 1,25 Milliarden Dollar, bestätigen die Weltbank und die EU, die Organisatoren der Geberkonferenz. Damit soll der drohende wirtschaftliche Zusammenbruch des Landes aufgehalten werden. Zum Wiederaufbau der Wirtschaft brauche das Land aber mittelfristig mehr, vermutet der Vizepräsident der Weltbank Johannes Linn: Mehr als vier Milliarden Dollar in den nächsten drei Jahren.

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