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DSO mit Laura Aikin: „Ariane“: Der Wahnsinn der Liebe

Verzweifelt auf Naxos: Mit der konzertanten Aufführung von Bohuslav Martinus „Ariane“ erzählen das DSO und Laura Aikin die etwas andere Vorgeschichte zu der Oper von Richard Strauss.

Ariadne sitzt auf der Insel Naxos, jammert ihrem treulosen Liebhaber Theseus nach und wird schließlich mit dem Gott Bacchus glücklich. So kennen Opernfans die Geschichte der kretischen Prinzessin aus der Oper von Richard Strauss, die im Juni an der Staatsoper Premiere haben wird. Wer aber die eigentlich viel interessantere Vorgeschichte hören will, der muss ins Konzert des Deutschen Symphonie-Orchesters gehen, wenn Bohuslav Martinus einaktige Oper „Ariane“ aufgeführt wird. Die Titelrolle singt Laura Aikin, die noch in bester Erinnerung ist als Zerbinetta in der alten Staatsopern-Inszenierung von Erhard Fischer. „Ich habe 200 Mal die Zerbinetta gesungen, die stets lustige Gegenspielerin der Ariadne, jetzt singe ich endlich die Titelpartie, wenn auch in einer anderen Oper“, sagt die amerikanische Koloratursopranistin lachend.

Theseus will den blutrünstigen Minotaurus umbringen und schwört Ariadne ewige Liebe, weil er ihre Hilfe braucht. Sobald die Arbeit getan ist, verlässt er sie und bricht auf zu neuen Heldentaten. „Die Oper ist eigentlich eine einzige Wahnsinnsszene. Ariadne spinnt schon zu Beginn. Theseus versteht sie überhaupt nicht“, stellt Aikin fest. In Martinus Version stirbt Ariadne allerdings, Bacchus hat gar keine Chance, sie aus Naxos zu entführen. Wahnsinn und anschließender Tod ist das Standardschicksal einer Opernheldin, aber Laura Aikin betont, dass sie genau diese Schicksale ungeheuer gerne singt, auch oder gerade weil das nur wenig mit ihrem Alltagsleben zu tun hat. „Die Oper wurde für Maria Callas geschrieben, auch wenn dem Komponisten klar war, dass sie das nie singen würde. Es gibt sehr schöne Melodielinien, ich kann sehr unterschiedliche Farben meiner Stimme zeigen.“

Komplizierte Charaktere als Therapie

Divengestalten wie die legendäre Maria Callas könnten sich im heutigen Opernbetrieb nicht mehr halten, ist Laura Aikin überzeugt, keine Sängerin kann sich diese Launen mehr leisten, ganz egal wie gut sie auf der Bühne ist. Dennoch bleibt Callas ein Vorbild in der Intensität der musikalischen Gestaltung, aber auch eine Warnung für den pfleglichen Umgang mit dem Instrument Stimme. „Ich bin ein Mädchen aus Buffalo, USA. Der große Divenauftritt liegt mir nicht. Ich liebe meinen Beruf und freue mich, singen zu können und zu dürfen. Man weiß ja nicht genau, warum ein Sänger seine Stimme verliert. Manche Stimmen sind robuster als andere, es gibt viele gesundheitliche Faktoren. Man muss einfach ständig üben und etwas Glück haben.“

In ihren Bühnenfiguren muss Laura Aikin sich immer wieder auf der Bühne entblößen, singt in Alban Bergs „Lulu“ oder Bernd Alois Zimmermanns „Soldaten“ immer wieder Frauen in psychischen Notlagen, deren stimmlicher Ausdruck bis zum Schrei reicht. „Für mich ist das beinahe eine Therapie“, sagt sie. „Nach diesen Aufführungen fühle ich mich einfach besser. Ich finde diese Figuren in mir, ohne mich in dem Bühnencharakter zu verlieren.“

Die überwältigende Klage der Ariadne

Operngesang kann nur funktionieren, wenn der Darsteller in jedem Moment die Kontrolle über die komplizierten Abläufe behält. In einer konzertanten Aufführung wie jetzt mit dem Deutschen Symphonie-Orchester unter dem Chefdirigenten Tugan Sokhiev fällt zwar die körperliche Anstrengung einer Inszenierung weg. Aber alle Beteiligten müssen künstlerische Energie freisetzen, die von den Mitstreitern als Schwungkraft genutzt werden kann. Das Finale gehört dann in der Regel doch wieder der Titelheldin allein, und darauf freut sich auch Laura Aikin jetzt schon: „Die abschließende Klage der Ariadne ist schlicht überwältigend. Das hätte wahrscheinlich auch Maria Callas interessiert, einfach weil die Musik so wirkungsvoll ist. So etwas singen wir doch alle sehr, sehr gerne.“

Aktueller Hinweis: Chefdirigent Sokhiev kann krankheitsbedingt das Konzert nicht dirigieren. Die musikalische Leitung übernimmt deshalb am Premierenabend der britische Dirigent Martyn Brabbins.

Premiere: 4.6., 20 Uhr

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