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Design: Neu und gierig

Im Kunstgewerbemuseum zeigt die Ausstellung "ARTverwandt" - die Schau präsentiert Berliner Spitzendesign.

Wie affig. Da hat King Kong ein Stück Wand aus dem Kunstgewerbemuseum gerissen und blickt (neu-)gierig auf ein Stühlchen im Ausstellungsraum. Will er den zerlegbaren Hocker aus geräuchertem Eichenfurnier etwa fressen? Das wäre schade, denn das Objekt von Daniel Scherf hat nicht bloß den ersten Platz beim Landespreis Gestaltendes Handwerk Berlin 2009 belegt. Das dreiteilige Möbel, dessen Beine so konzipiert sind, dass man es rasch auseinandernehmen und zum Sitzen wieder zusammenstecken kann, ist so genial – das möchte man in Serie sehen.

„ARTverwandt“ heißt die kleine, schöne Ausstellung, für die Berlins Gestalter über 250 handwerklich hergestellte Objekte eingereicht haben. Alle zwei Jahre findet der Wettbewerb statt, das Beste daraus wird im Kunstgewerbemuseum gezeigt. Daran ändert hoffentlich die neue Besetzung nichts: Ende Februar zieht mit Sabine Thümmler die künftige Leiterin des Museums ein und löst Angela Schönberger ab, die in den Ruhestand geht. Thümmler leitete fast zwei Jahrzehnte lang das Deutsche Tapetenmuseum in Kassel und hat als promovierte Kunstgeschichtlerin damit einen Schwerpunkt bei historischen Objekten.

Wie gut sich das mit jungem Berliner Design ergänzt, beweist die aktuelle Ausstellung. Selbst wenn das Thema „Art“ sehr schwammig war, glänzt der Schmuck aus Blattgold, Silber und Silikon (Bettina Fehmel, Ruth Temur), leuchten die Möbel aus Holz und Leder (Bastian Thürich) und bestechen die tuffigen Seidenkleider von Nicole Gade, die das Schottenkaro neu interpretiert und in Blow-up-Versionen über ihre Stoffe schickt.

Die Jury der Handwerkskammer hat genau hingeschaut und prämiert, was neue, überraschende Akzente an vertrauten Alltagsobjekten bietet. Wie die Keramikschalen von Andreas Tesch mit immerhin einem halben Meter Durchmesser, für die es den zweiten Preis gab, weil ihr „wippender Charakter“ unerwartete Leichtigkeit suggeriert. Oder die Schals von Dörte Behn (dritter Preis): Sie nutzt die Spannung der in sich gedrehten Wollfäden. Dass sie auch als Wandschmuck gut aussähen, belegt die Inszenierung. Der Bühnenbildner Donald Becker hat seine Studenten von der Genfer Haute École d’Art et de Design eingeladen und mit ihnen szenische Arrangements nach Kinoklassikern realisiert. Darunter „King Kong“, den Donald Becker zu einem „Peeping Kong“ aus Pappmaché macht, dessen Blick sehnsüchtig auf den Dingen liegt. Schönheit geht eben durch das Auge. Und was könnte diese Tatsache besser versinnbildlichen als das größte Sehorgan der Filmgeschichte? Christiane Meixner

Kunstgewerbemuseum, Kulturforum am Potsdamer Platz, bis 17. 1., Di–Fr 10–18 Uhr, Sa/So 11–18 Uhr

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