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Peter Hacks auf der „Fenne“, seinem Haus in Groß Machnow., in den 1980er Jahren

© Eulenspiegel-Verlag

Dichters Paradies: Die Sommer genoss Peter Hacks als Schlossherr

Der Journalist Matthias Dell schildert die besondere Beziehung des Schriftstellers zu seiner brandenburgischen Sommerfrische. Kein Schloss, aber immerhin.

Manchmal dauert die Suche nach einer angemessenen Behausung eben etwas länger. Die 1962 in Prenzlauer Berg, Schönhauser Straße 129, bezogene Wohnung war zwar sehr geräumig und repräsentativ, aber Peter Hacks, im Osten wie im Westen erfolgreicher Schriftsteller, gelüstete es nun mal nach einem zweiten Heim im Grünen, einem Landsitz als Sommerfrische.

Gerne durfte es ein Schloss oder ähnliches sein, also etwas irgendwie Aristokratisches. Sehr wichtig sei zudem, „ob an dem Besitztum auch ein Titel hängt“, wie Hacks nicht ohne Selbstironie bekannte: „Hacks Echter zu Kühndorf, Burg Kühndorf, Kühndorf“, so eine Adresse wäre ihm sehr recht gewesen.

Aber weder ein in Thüringen ins Auge gefasstes Barockschloss noch die dortige Renaissanceburg zu Kühndorf, auch nicht ein brandenburgisches Pfarrhaus und andere altehrwürdige Immobilien vermochten Hacks und Ehefrau Anna Elisabeth Wiede zufriedenzustellen, wie aus seinen Briefen an die Mutter hervorgeht.

Der Wohnsitz entstand aus den Resten einer Ziegelei

Es wurde schließlich doch die eher prosaische Anschrift Fenneweg 1 in Rangsdorf, Ortsteil Groß Machnow. Und es war auch kein Schloss, sondern die „Fenne“ eben: die Wirtschaftsgebäude einer alten, im Krieg ziemlich ramponierten Ziegelei, immerhin „ein schönes Haus, und die Landschaft ist wunderschön“, wie Hacks schwärmte.

Historische Aufnahmen zeigen von dieser Schönheit noch wenig, aber der Autor, der das Anwesen – die genauen Umstände sind unklar – in den frühen siebziger Jahren kaufte und bis zu seinem Tode 2003 bewohnte, hatte offensichtlich einen guten Blick für dessen Potenzial. Und Geld besaß er genügend, um den DDR-typischen Mangel an Baumaterial und frei verfügbarer Arbeitskraft spielend auszugleichen.

Erfolgreich als Autor, politisch umstritten

Der Landsitz des als Dramatiker, Lyriker und Erzähler einst hocherfolgreichen, politisch aber auch umstrittenen Autors liegt an der Landstraße zwischen Groß Machnow und Mittenwalde, versteckt hinter Bäumen, zu erreichen über eine alte Pflasterstraße.

Zu bestimmten Veranstaltungen wie unlängst anlässlich der „Offenen Gärten Berlin-Brandenburg“ oder nach Absprache mit der Peter Hacks Gesellschaft ist das Backsteinparadies des Dichters zu besichtigen. Wer aber so lange nicht warten will, kann jetzt schon mal zu einem neuen Band der „Frankfurter Buntbücher“ greifen, die „das Verhältnis zwischen Schriftstellern und Orten zum Gegenstand“ haben.

Der Berliner Kulturjournalist Matthias Dell stellt in der schmalen Publikation „Peter Hacks auf der Fenne in Groß Machnow“ zunächst den Autor vor, seinen Aufstieg zum nach eigener Einschätzung „meistgespielten deutschen Dramatiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“ – eine literarische Karriere, die im Westen einen erheblichen Knick erhielt, als er sich nach Wolf Biermanns Ausbürgerung 1976 nicht in die Riege der dagegen protestierenden Kulturschaffenden einreihte. Im Gegenteil.

Ein neuer Wartburg für den Architekten

Im zweiten Teil des Heftes steht Hacks als „Schlossherr“ im Mittelpunkt, wie er in der „Zeit“ wegen seines für DDR-Verhältnisse in der Tat luxuriösen Anwesens mal charakterisiert wurde. Eine gewisse Neigung zur aristokratischen Selbstinszenierung wird man schon angesichts seines mit Antiquitäten gefüllten, unverändert gebliebenen Arbeitszimmers kaum leugnen können.

Der Blick geht durch bodentiefe Fenstertüren auf einen kleinen französisch anmutenden Garten samt von Hacks in Auftrag gegebener Priapos-Figur als Mittelpunkt. Wie ohnehin das von einer Mauer umgebene Gebäudeensemble mit den umliegenden Grünanlagen samt idyllischem Teich aufs Harmonischste verwoben ist.

Ein grünes Dichterparadies, bautechnisch perfekt in Szene gesetzt, was nicht dem handwerklich unbegabten Hacks anzurechnen ist. Er hatte den Babelsberger Produktions- und Aufnahmeleiter Joachim Stoff, einen gelernten Zimmermann, als Architekten und Bauleiter gewinnen können, der die Fenne für rund eine Million DDR-Mark zu Hacks’ Traumhaus ausbaute. Die Entlohnung war angemessen: ein neuer Wartburg, für einen Preis zwischen 8000 und 10000 D-Mark bei der DDR-eigenen Genex Geschenkdienst GmbH erworben. Wartezeit bis zur Lieferung: Keine.

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