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Unglaubliche Ausstrahlung: Ronit Elkabetz als Viviane Amsalem

© PROMO / Salzgeber & Co

Drama "Get - Der Prozess der Viviane Amsalem": Die gefangene Frau

Scheidung unmöglich: Der israelische Film „Get - Der Prozess der Viviane Amsalem“ thematisiert das Eherecht vor einem Rabbinatsgericht. Ein Stellungskrieg der Worte.

Eine Frau vor Gericht, umgeben von Männern. Sie hält die Hände auf, sie soll endlich den Scheidungsbrief von ihrem Mann erhalten, ein zum Dreieck gefaltetes Papier, wie es das religiöse Ritual vorschreibt. Der Mann muss ihr den Brief, den „Get“, in die Hände legen, einen bestimmten Text dazu sagen, auch den, dass sie nun andere Männer haben darf. Aber Elisha schreckt zurück vor diesem letzten Satz, und Viviane erhält ihre Freiheit immer noch nicht. Sie bittet und bettelt, bricht schier zusammen – vergebens.

Fünf Jahre hat Viviane (mit unglaublicher Ausstrahlung: der israelische Star Ronit Elkabetz) im Gerichtssaal um ihre Freiheit gekämpft. Israel kennt keine Zivilehe, nur die religiöse Eheschließung. Gläubige Frauen können sich deshalb nur dann scheiden lassen, wenn der Mann zustimmt. Tut er das nicht, kann sie zum Rabbinatsgericht gehen, aber auch die Richter können den Ehemann nicht zwingen. „Get – Der Prozess der Viviane Amsalem“ ist ein Kammerspiel, ein Kriegsfilm, ein Stellungskrieg der Worte, bei dem Argumente wie Heerscharen aufgefahren und Blicke wie Schwerter gekreuzt werden.

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Ronit Elkabetz ist allein unter Männern

Eine Frau unter Männern, sie hat anfangs wenig zu sagen. Als sei sie gar nicht da, verhandelt Vivianes impulsiver Anwalt (Menashe Noy) mit ihrem Ehemann Elisha (Simon Abkarian), mit dessen Bruder – einem Rabbi, der vor Gericht für ihn eintritt – und den drei religiösen Richtern in schwarzen Roben oben auf ihrem Podium. Verwandte, Freunde, Bekannte werden als Zeugen geladen, Elisha taucht häufig einfach nicht auf, so geht es über Wochen, Monate, Jahre. Fristen verstreichen, Verfügungen werden erlassen, Elisha soll der Führerschein entzogen werden (er hat gar keinen), Viviane erhebt selber die Stimme, beharrlich, trotzig, verzweifelt.

115 Minuten in einem geschlossenen Raum, eine irritierend strenge Inszenierung, die die Grenze zwischen Dokumentation und Fiktion mit Bedacht verwischt. Ronit Elkabetz hat bei „Get“ auch Regie geführt und gemeinsam mit ihrem Bruder Shlomi einen Film über die in diesen schrecklichen Tagen so viel diskutierte Macht der Religion gedreht. Die Welt als Gefängnis: ein karger Raum, fast schwarzweiß, mit den schwarzen Roben der Richter und Elkabetz’ glänzendem schwarzen Haar vor leeren weißen Wänden. So wird das Gericht zum Mikrokosmos einer archaisch-orthodoxen Religionsgemeinschaft mitten im 21. Jahrhundert, für die der häusliche Friede im Zweifel mehr zählt als die Rechte der Frau. Absurde Verhältnisse: Vivianes temperamentvoll-wütende Schwester sprengt den beklemmenden Rahmen, für einen kurzen Moment.

Religion und Freiheit passen schlecht zusammen, zeigt dieser Film. Nüchtern, sachlich, ohne Kommentar. Es verschlägt einem die Sprache.
Filmkunst 66, OmU: fsk am Oranienplatz, Hackesche Höfe

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