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Dokumentarfilm: Sanije Torka: Frei, sonst nichts

Eine Dokumentation über Sanije Torka, das Vorbild für Konrad Wolfs legendären Film „Solo Sunny“

Über Menschen wie sie werden keine Bücher geschrieben, keine Filme gemacht. Das Leben selbst hat sie von Anfang an in seinen Hintergrund gestellt. Was soll schon aus einer werden, die – ein Findling, wahrscheinlich das heimliche Kind von „Ostarbeitern“ – in einem DDR-Kinderheim groß wurde? Dass ihre Eltern sie Sanije genannt haben, erfuhr sie erst spät. – Sanije. Sunny.

1980 drehte Konrad Wolf einen der erfolgreichsten DEFA-Filme. „Solo Sunny“ handelte von der großen Sehnsucht einer kleinen Frau. Es war ihre Lebensgeschichte, nur durfte das damals keiner wissen. Denn „Sanije war all das, was man in der DDR nicht sein sollte: hemmunglos, wild, ungebärdig. Sie war die Film-Sunny hoch drei“, sagt die Journalistin Jutta Voigt, die sie damals kennenlernte. Als Nachtclubsängerin tingelte Sanije Torka durch die Hotelbars und Kaschemmen der Republik.

Jetzt, 30 Jahre später, hat die Dokumentarfilmerin Alexandra Czok diese Frau gesucht und – fand sie in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Reinickendorf. Die Nach- DDR-Freiheit war Sanije Torka gerade groß genug, sie nahm es dem neuen Land nicht übel, dass es keine Verwendung mehr für sie hatte. Sie nahm sich nur die Freiheit, ihrem Leben wieder einen Halt und eine Ordnung zu geben. Morgens aus dem Haus zu gehen und abends erschöpft heimzukommen. Das gab ihr das gute Gefühl, wieder einen Platz im Dasein gefunden zu haben. Anfangs ging sie jeden Tag in die Staatsbibliothek. Sie studierte dort Ladendiebstahl: Ladendiebstahl als Kind, Ladendiebstahl in der Schwangerschaft, Ladendiebstahl im Alter … Später überprüfte sie wie jeder gewissenhafte Meisterschüler die Theorie an der Praxis.

„Solo für Sanije“ ist kein großer Film geworden, aber er ist die gleichwohl einprägsame Begegnung mit einem Menschen, den das Kino – wie das Leben – gewöhnlich übersieht. Kerstin Decker

In Berlin im Babylon Mitte, im Sputnik und im Brotfabrik-Kino.

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