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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) legt sich gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags fest.

© dpa/Bernd settnik

Drei CDU/CSU- Länder und drei SPD-Länder lehnen Erhöhung des Rundfunkbeitrages ab: Wenn es nicht nach Parteipolitik geht, wonach dann?

Der Populismus schleicht sich wie ein böses Gift in die Debatte um die Finanzierung von ARD & Co. ein

Ein Kommentar von Joachim Huber

Es gibt Koalitionen, die überraschen. Erst einmal, weil sie sich nicht als Koalitionen verstehen. Jedenfalls sprechen sich sechs Bundesländer - Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt - gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages aus, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes ergeben hat.

Keine Frage der Parteipolitik

Die Ablehnung lässt sich nicht an parteipolitischen Linien festmachen. In Nordrhein-Westfalen und in Bayern zum Beispiel regieren die Konservativen, in Niedersachsen und Brandenburg die SPD. Vielleicht zeigt sich die Tendenz zum Nein stärker im Osten, zwei der sechs Neinsager - Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern - lehnen ab.

Auch lässt sich die Frage, ob das Plus zum Beitrag als wahlkampftauglich erachtet wird, nicht eindeutig beantworten. Bayern wählt im Herbst, Brandenburg im September 2024, dazwischen liegt Hessen. CSU-Söder sieht keine Notwendigkeit für die Erhöhung, SPD-Woidke auch nicht. Bietet jemand mehr?

Es liegen keine Umfragen vor, die erkennen lassen, dass ein Plus zu den derzeit 18,36 Euro pro Monat oder ein stabiler Beitrag die Wählerinnen und Wähler in ihrem Abstimmungsverhalten beeinflussen können.

Tatsächlich bewegt sich das Thema auf die Rundfunkpolitiker in den Ländern zu. ARD, ZDF und Deutschlandradio haben ihre Finanzbedarfe für die Beitragsperiode 2025 bis 2028 bei der KEF angemeldet. Die Kommission prüft nun und wird im Frühjahr einen Vorschlag formulieren, wohin sich der Rundfunkbeitrag bewegen sollte.

Darauf müssen die 16 Länder reagieren. Sie sind qua Bundesverfassungsgericht gehalten, sich auf eine Beitragshöhe zu verständigen. Nach derzeitigem Ja-und-Nein-Verhältnis im Länderkreis könnte das sehr verzwickt und langwierig werden.

Und massiv von außen beeinflusst werden. Die AfD plädiert vehement für die Abschaffung des Rundfunkbeitrags, längst finde er keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung, sagt der stellvertretende Bundessprecher Stephan Brandner. Diese Erkenntnis hat er exklusiv für sich.

Bleibt es nach 2025 bei 18,36 Euro Rundfunkbeitrag?

© dpa/Nicolas Armer

Bleibt es dabei? Werden die Wahlkämpfer von CDU/CSU, SPD, FDP oder der Freien Wähler ihre Haltung zum Rundfunkbeitrag und dessen Höhe nach sachlich-fachlichen Gründen bestimmen oder Pfründe aus einer Argumentation ziehen wollen, wonach die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht als Rundfunk-, sondern als Versorgungsanstalten fürs eigene Wohlleben agierten.

Was eben auffällt: Die Befürworter eines Beitragsplus sind still, sie warten ab, was die KEF empfehlen wird und hoffen dabei wohl stillschweigend auf einen Zuschlag. Kann man so machen, ist aber schwach. Wenn die Gegenseite ganz genau weiß, warum ARD &Co. nicht mehr bekommen sollen, warum weiß die Pro-Seite es dann nicht? Der nächste Rundfunkbeitrag fällt nicht vom Himmel, der wird in der politischen Arena ausgefochten. Da gilt es rechtzeitig zu werben.

Und für die Intendantinnen und Intendanten der Sender gilt wie immer: nicht verstecken hinter den breiten Rücken der Mamis und Papis in den Senats- und Staatskanzleien. Auch wenn sie es nicht begreifen können oder nicht begreifen wollen, es geht um sie, ihre Mitarbeitenden, um die Struktur und den Auftrag - und um deren Finanzierung.

Rundfunkpolitik und Rundfunkpopulismus trennen nur eine sehr dünne Grenze. Und es ist der Rundfunkbeitrag, der sie markiert. Alle, die sich damit befassen, alle, die den Beitrag thematisieren und skandalisieren, politisieren und popularisieren, begrüßen und begrölen, sollten wissen, dass es nicht um Pillepalle geht, sondern um ein Grundnahrungsmittel dieser Demokratie: public service.

Eine ernsthafte Debatte wird erbeten.

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