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Kultur: Eine Frage der Vernunft

Tiefe Gräben, neue Gerüchte: Ein Ende der Suhrkamp-Krise ist nicht in Sicht

Es hat sich inzwischen ein sehr erbitterter Streit entwickelt um den Suhrkamp Verlag – zwischen der Verlagsleitung, also Ulla Unseld-Berkéwicz und ihren Getreuen, und den neuen Minderheitseignern, den Hamburger Geschäftsleuten Hans-Georg Barlach und Claus Grossner. Es ist ein Streit, der bislang ausschließlich über die Medien ausgetragen wurde. Allein daraus lässt sich schließen, wie tief die Gräben inzwischen geworden sind, wie wenig vorstellbar ist, dass es zwischen den Parteien dereinst ein produktives Miteinander geben könnte. Nachdem letzte Woche Claus Grossner geäußert hatte, beim Suhrkamp Verlag gebe es eine verwunderliche Mischung aus Privatem und Geschäftlichem – da gebe es „strukturelle Unregelmäßigkeiten“, da seien in der Vergangenheit durchaus rote Zahlen geschrieben worden –, reagierte der Suhrkamp Verlag mit einer Strafanzeige gegen Grossner. Und er bestätigte seine feste Entschlossenheit, die neuen Minderheiteneigner nicht anerkennen zu wollen. Grossner und Barlach legten daraufhin in verschiedensten Medien nach, nannten Ulla Unseld-Berkéwicz „überfordert“ (Barlach). Oder kolportierten, die intellektuelle und wirtschafliche Führungsschicht der Republik diskutiere schon lange nicht mehr kontrovers, dass Unseld-Berkéwicz als Verlegerin nicht geeignet sei (Grossner).

Dass Barlach und Grossner zum einen an der Suhrkamp-Kultur gelegen ist, bekräftigen sie gern, dass sie aber auch in Sachen Finanzen und Programm ein Wörtchen mitreden wollen, lassen sie genauso gern durchblicken. Barlach sagte in einem etwas wirren Interview mit dem Deutschlandfunk, „den Verlag für die Zukunft fit machen“ zu wollen, einen Verlag, der zwar Substanz habe, nur „fehlen natürlich Elemente für die Zukunft, Autoren für die Zukunft“.

Derweil auf solche Art nicht mit-, sondern übereinander geredet wird, schießen parallel dazu die Gerüchte ins Kraut. So heißt es, hinter der Angelegenheit stecke ein großer Konzern, was immer sich ein solcher von Suhrkamp versprechen sollte. Zum einen macht der Name des britischen Finanzinvestoren Montgomery die Runde, was nicht ganz weit hergeholt ist: Als Medienunternehmer gehörte Barlach mit seinem Partner Josef Depenbrock die „Hamburger Morgenpost“. Anfang des Jahres verkauften sie die Zeitung an Montgomery. Schon vorher hatte dieser die „Berliner Zeitung“ übernommen, bei der Depenbrock Montgomerys Chefredakteur ist.

Zum anderen wird der englische Verlag Bloomsbury ins Spiel gebracht. Dieser hat mit den Harry-Potter-Büchern viel Geld verdient, und seit zwei Jahren gehört ihm der Berlin Verlag. Dieser ist von Arnulf Conradi gegründet worden und wird seit seinem Ausscheiden von seiner Exfrau Elisabeth Ruge geleitet. Die aktuelle Verbindung besteht darin, dass Conradi in der Suhrkamp-Causa für Grossner und Barlach beratend tätig und als Beirat der Minderheiteneigner vorgesehen ist.

Thomas Sparr, stellvertretender Suhrkamp-Verlagsleiter, will diese Gerüchte nicht kommentieren und sagt: „Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein Konzern das so irrational einfädelt und sich mit solchen Herren verbindet“. Und Claus Grossner sagt zu Überlegungen, er und Barlach seien nur Strohmänner: „Lächerlich, grotesk, ein Treppenwitz. Es wird Zeit, dass alles zu einem vernünftigen, sinnvollen Ende gebracht wird.“ Da hat er recht. Aber wie die Dinge liegen, sieht es nach einem vernünftigen Ende vorerst nicht aus.

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