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Kultur: Ensemble Resonanz: Hase im Pfeffer

Es entspricht dem Geist der Zeit, dass junge Musiker selbstbestimmt arbeiten, Verantwortung übernehmen wollen. Die zunehmende Entstehung flexibler Ensembles spiegelt auch den gesellschaftlichen Anspruch auf Individualität.

Es entspricht dem Geist der Zeit, dass junge Musiker selbstbestimmt arbeiten, Verantwortung übernehmen wollen. Die zunehmende Entstehung flexibler Ensembles spiegelt auch den gesellschaftlichen Anspruch auf Individualität. Was Dieter Rexroth - als "Pate" für den am Meniskus verletzten Daniel Cohn-Bendit eingesprungen (oh, hätte dieser doch lieber Saxophon statt Fußball gespielt!) - sinngemäß so umschrieb, trifft sicher zu. Das "Ensemble Resonanz", 1994 aus der Jungen Deutschen Philharmonie hervorgegangen, trat denn auch hochmotiviert und -qualifiziert den Beweis dafür an. Mit und ohne den einfühlsam-präzisen Dirigenten Jonathan Stockhammer zeigten die jungen Musiker ihre Fähigkeiten zu lupenreinem Unisono-Spiel wie zu minuziöen Einzelaktionen, in einer Klangschönheit, die auch klar durchkalkulierten Strukturen durchaus emotionale Gesten abgewinnen konnte.

Warum wirkte diese zweite "special night" der zeitgenössischen Ensembles bei Young Euro Classic gleichwohl ein wenig fade, ja indifferent? Untadelig erklang "Balsam" von Carola Bauckholt, ein die Extreme zirpender Flageoletts und rüder Bass-Pizzikati verdichtendes und wieder entzerrendes Werk. Auch "Lazos", in dem die junge Argentinierin Maria Cecilia Villanueva das Konzept von Klangbändern umschlungener Einzelobjekte verfolgt, nimmt durch die sensitive Ausformung feinster Nuancen auf kleinstem Raum für sich ein.

Doch da liegt der Hase auch schon im Pfeffer. Beide Kompositionen wollen, über die minimalistische Klangerforschung hinaus - eigentlich nichts. Ungleich kraftvoller erheben sich da die dichten Reibeflächen in Ruth Crawford Seegers "Andante", pressen sich wenigstens ein schmerzhaftes Knirschen ab. Doch auch Bernd Alois Zimmermanns Streicherkonzert entfaltet in frühem Neoklassizismus nicht die erwartete Expressivität, und Hans Werner Henzes "Fantasia" - ursprünglich Filmmusik zu Schlöndorffs "Jungem Törless" - bleibt in reiner Streicherbesetzung auf ein edles Dauer-Lamento beschränkt. Zu einseitig kreisen alle diese Stücke um eng gefasste Einzelprobleme, geraten vom Individuellen ins Unverbindliche. Unteilbares ist irgendwann eben nicht mehr mitteilensfähig oder -wert.

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