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Das National Youth Orchestra Jazz mit seinem Bandleader, dem Weltklasse-Trompeter  Sean Jones.

© Young Euro Classic, National Youth Orchestra Jazz. C: Kai Bienert

Festival „Young Euro Classic“: National Youth Orchestra Jazz mit großer Spielfreude

Das Ensemble junger Jazz-Musiker aus den USA legte im Konzerthaus einen begeisternden Auftritt hin.

Von Tye Maurice Thomas

Bereits zum zweiten Mal ist im Konzerthaus im Rahmen des Festivals „Young Euro Classic“ der umwerfende Sound des „National Youth Orchestra Jazz“ aus den USA zu erleben. Auf dem Programm stehen zeitlose Klassiker von Duke Ellington, Dizzy Gillespie und des kürzlich verstorbenen Wayne Shorter, sowie Neukompositionen von Noriko Ueda.

Seit seiner Gründung vor fünf Jahren vereint das Ensemble alljährlich eine Auswahl junger Musiker:innen zwischen 16 und 19 Jahren zu einem Klangkörper von einer Diversität, die man sich in deutschen klassischen Jugendorchestern wünscht. Nach einer intensiven zweiwöchigen Probenphase unter dem renommierten Trompeter und Bandleader Sean Jones stellen sie in einem Konzert in der legendären Carnegie Hall und einer internationalen Tournee ihr Können unter Beweis.

23 Musiker:innen

Man tritt nach dem Konzert auf die nassen Straßen und möchte durch die Pfützen tanzen – so ist die Wirkung dieses elektrisierenden Abends. Die Virtuosität und Energie der 23 Musiker:innen ist erstaunlich. Spätestens in Duke Ellingtons atemberaubend schnellem „Braggin' in Brass", in dem besonders Trompeten und Posaunen ihr ganzes Können zeigen, scheint es keine technischen Hürden mehr zu geben. Jedes Solo wird zu einem Ereignis, einer kleinen Welt für sich, bevor es unter Applaus wieder vom Ensemble verschluckt wird.

Das National Youth Orchestra Jazz badet im Applaus.

© Young Euro Classic, National Youth Orchestra Jazz. C: Kai Bienert

In Dizzy Gillespies „A Night in Tunisia", mit seinen Anleihen bei afrokubanischer Rhythmik, entsteht ein Groove mit herrlich morbidem Charme. Sean Jones, der den Abend zusammen mit den Bandmitgliedern moderiert, weiß die Spielfreude des Ensembles entspannt, aber präzise zu lenken und gleichzeitig seinen Schützlingen den Vortritt zu lassen. In seiner Eigenkomposition „The 29ers“ ist er auch selbst als Solist zu hören.

Jedes Solo ein Ereignis

Mit dem Auftritt von Dee Dee Bridgewater erreicht die Stimmung nach der Pause ihren Siedepunkt. Die vierfache Grammy-Preisträgerin, die einem erregten Zwischenrufer nur ein augenzwinkerndes „You okay, honey?“ zuwirft, muss niemandem mehr etwas beweisen.

Mit lässiger Nonchalance durchstreift ihre Stimme rauchige, an Louis Armstrong erinnernde Tiefen und brillant strahlende Höhen. Zwischen dem Pianisten José André Montaño und ihr entsteht zeitweilig eine kleine Jam-Session. Der 17-Jährige ist blind und auf einen Rollstuhl angewiesen und lässt sich davon beim Wirbeln über die Tasten nicht einschränken. Als Bridgewater schließlich Nina Simones „Feelin' Good" anstimmt, applaudiert das Publikum im ausverkauften Großen Saal so frenetisch, dass die Statik des Konzerthauses ernsthaft bedroht zu sein scheint.

Als nach fast drei Stunden das Konzert mit B.B. Kings „Let the good times roll" endet, wünscht man sich, diese guten Zeiten hätten gerade erst begonnen.

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