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Kultur: Flechtkunst

Pierre-Laurent Aimard und das SWR Sinfonieorchester

Verbindungen zwischen strenger Organisation des Materials und wuchernder Gedankenfülle zu zeigen: Das war der rote Faden, der sich durch das Programm des SWR Sinfonieorchesters und des SWR Vokalensembles Stuttgart beim Musikfest Berlin spann. Der Faden hielt. Schon allein auf der Ebene der Besetzungen zwang man bei geschmeidig organisierten Umbauten in der Philharmonie gewaltige Fliehkräfte zusammen: Hier Pierre Boulez’ erste Klaviersonate mit PierreLaurent Aimard, dort seine gewaltigen Chor-Orchester-Kantaten „Le Soleil des eaux“ und „Visage nuptial“ und mittendrin Alban Bergs Kammerkonzert für Klavier und Geige mit dreizehn Bläsern.

Den stärksten Effekt machte Aimards Solo: gespielt mit einer Mischung aus tierhafter Körperlichkeit und intellektueller Wachheit des Geistes, die auch unabhängig von der Substanz der Komposition fasziniert hätte. Nicht ganz so extrem durchnervt gingen Aimard, Thomas Zehetmair und die Dirigentin Susanna Mälkki Bergs Kammerkonzert an – dafür aber mit einer kammermusikalischen Achtsamkeit, bei der spontan-beiläufige Klangfärbungen die gleiche Bedeutungskraft erlangen wie bewusst gesetzte thematische Verflechtungen. Auch Boulez’ Kantaten machte Mälkki zum Fest, indem er zwei traditionelle französische Tugenden des Komponisten zum Leuchten brachte: seine überwältigende Klangfarbenfantasie und seine Deklamationskunst, die von Laura Aikin (Sopran) und Lani Poulson (Mezzo) mit einer geisterhaft genauen Abstimmung der Intonation zelebriert wurde. Carsten Niemann

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