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Kultur: Geht Jens-Daniel Herzog nach Frankfurt statt nach Mannheim?

Zwei Theater, zwei Städte streiten um einen Schauspielchef. Der Fall ist einmalig, der moralische, künstlerische und auch finanzielle Streitwert noch gar nicht zu ermessen.

Zwei Theater, zwei Städte streiten um einen Schauspielchef. Der Fall ist einmalig, der moralische, künstlerische und auch finanzielle Streitwert noch gar nicht zu ermessen. Im April dieses Jahres unterschrieb der gebürtige Berliner Jens-Daniel Herzog (35) beim Nationaltheater Mannheim einen Vertrag als Schauspieldirektor, beginnend mit der Spielzeit 2000/2001. Gestern hat die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth Jens-Daniel Herzog als Kandidaten für die Intendanz des Schauspiels Frankfurt/Main vorgestellt, und zwar ab Herbst 2001.

Herzog erklärte, er habe sich entschieden, das "verlockende Angebot" des Frankfurter Magistrats anzunehmen. Er könne dort freier und produktiver arbeiten, da er, anders als in Mannheim, nicht weisungsgebunden sei. In Frankfurt wird nun mit der "Kulanz" des Mannheimer Theaters gerechnet, da Herzog sich einer "größeren künstlerischen Herausforderung" stellen wolle.

Pikant wird der Fall dadurch, dass sich die Frankfurter zuvor vergeblich um Dieter Dorn, den Intendanten der Münchner Kammerspiele, bemüht hatten. Bei Dorn hat Herzog vor zehn Jahren als Regieassistent seine Karriere begonnen. Das Skandalon liegt in Herzogs Verhalten. Wie der Mannheimer Generalintendant Ulrich Schwab gestern erklärte, seien auf Herzogs Veranlassung die Verträge von fünfzehn Mitarbeitern des Nationaltheaters, darunter Schauspieler und Dramaturgen, nicht verlängert worden. Gleichzeitig seien auf Herzogs Wunsch zehn neue Verträge geschlossen worden. Schwab wirft den Frankfurtern "Anstiftung zum Vertragsbruch" vor und fordert sie auf: "Ziehen Sie Ihr Angebot an Jens-Daniel Herzog zurück!" Schwab war früher Generalmanager der Städtischen Bühnen Frankfurt und wurde, mit hoher Abfindung, vorzeitig abgelöst.

Eine unappetitliche Geschichte. Noch Ende November, vor wenigen Wochen, hat Herzog erklärt, er stehe zu seiner Verantwortung und wolle aus seinen Verpflichtungen nicht freikommen: "Mein Engagement gilt dem Schauspiel des Nationaltheaters Mannheim." Es ist kaum vorstellbar, dass Mannheim Jens-Daniel Herzog zur Vertragserfüllung zwingt, auch wenn die Rechtslage eindeutig erscheint. Auf der anderen Seite könnte Frankfurt das Engagement Herzogs teuer zu stehen kommen - mit Mannheimer Regressforderungen ist zu rechnen. Seit Jahren versucht das Schauspiel Frankfurt, an frühere Glanzzeiten anzuknüpfen. Peter Eschberg, den Herzog ablösen soll, konnte das Haus nicht aus der Krise führen. Mit Herzog, keinem Regisseur der allerersten Reihe, setzt sich das Chaos fort, bevor der Neue überhaupt antritt.

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