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Kultur: Hart wie Diamant

Das Gesicht wird man so bald nicht vergessen.Nicht direkt schön, eher mädchenhaft brav mit Samtband im Haar und eigentümlich graden Brauen, etwas pummelig, etwas ungelenk, und doch liest man ihr den Trotz, den eigenen Willen in jeder Einstellung aus den Augen.

Das Gesicht wird man so bald nicht vergessen.Nicht direkt schön, eher mädchenhaft brav mit Samtband im Haar und eigentümlich graden Brauen, etwas pummelig, etwas ungelenk, und doch liest man ihr den Trotz, den eigenen Willen in jeder Einstellung aus den Augen.Renée Zellweger wird man sich merken müssen.Als Sonia in Boaz Yakins "Teurer als Rubine" macht sie eine beispielhafte Emanzipation durch.

Daß eine junge, frisch getraute Ehefrau sich plötzlich wie in einem Käfig fühlt, ist so ungewöhnlich nicht.Was "Teurer als Rubine" interessant macht, ist das Umfeld: Die chassidische Gemeinde New Yorks.Mendel, der Ehemann von Sonia, ist ein strenggläubiger Jude, der jede Form von körperlicher Liebe eigentlich als Sünde empfindet und Beischlaf nur in langem Nachthemd und bei gelöschtem Licht vollzieht.Lustvolles Stöhnen ist der lebensfrohen Gattin dabei natürlich streng verboten.Die Farbtöne des ehelichen Lebens changieren zwischen hellbraun, dunkelbraun, mittelbraun: Alles warm, altmodisch und dumpf.

Erst als Sonia, selbst Tochter eines Juweliers, ihr Talent beim Verkauf von Schmuck und Juwelen entdeckt, beginnt die bis dahin fügsame Gattin und Mutter sich aus der wohlmeinenden, aber engen Gemeinschaft zu befreien.Plötzlich trägt sie rot, bewegt sich schneller, lacht lauter.Daß diese Befreiung motiviert ist durch die Freundschaft mit einem farbigen Künstler, den sie gleichzeitig protegiert und verführt, ist ein vielleicht etwas einfaches Motiv.Daß sie die Trennung von der jüdischen Lebenswelt dagegen nur fern der Gemeinde vollziehen kann, stimmt traurig: Man hätte diesem Paar, man hätte auch der religiösen Gemeinschaft gewünscht, daß sie Freiheit zulassen kann.

Denn es ist keineswegs so, daß Sonias Kampf mit der Enge der Gemeinschaft eine Gut-Böse-Zeichnung ist.Mendel, der junge Rabbiner, der den religiösen Gebräuchen und Anforderungen seiner Gemeinde genügen möchte, der seine Frau und sein Kind liebt und doch nicht verstehen kann, was ihnen fehlt, ist genauso liebevoll geschildert wie die angesehene Witwe des obersten Rebbe, die Sonia schließlich den Schlüssel zur Freiheit verschaffen wird.Und der Bruder Mendels, der seine Macht als Sonias Arbeitgeber gnadenlos zu sexuellen Übergriffen ausnützt, wird genauso verurteilt wie Mendels Schwester, die aus Engstirnigkeit Sonia ihr Kind entzieht.

Delta, Filmtheater am Friedrichshain, Lupe

CHRISTINA TILMANN

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