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Kultur: Hasenhascherl

„Beyond“: Die neue Show im Chamäleon Varieté.

Diese Show ist wie ein Fall ins Kaninchenloch. Ein Raum, der sich wie in Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ mit absurden Geschöpfen und Szenarien füllt. Und mit Hasen, genauer gesagt mit Riesenhasenköpfen, die die Akrobaten der australischen Kompanie Circa auf ihren muskulösen Leibern tragen. Ulkig, was für eine verfremdende Wirkung so ein einfaches Plüschrequisit, so eine banale Bunny-Maske hat. Beim Blick in die toten Augen der Hasenhascherl leuchtet einem der Titel „Beyond“ – Jenseits – sofort ein.

Was die vier Frauen und drei Männer unter der Regie von Yaron Lifschitz an Schauwerten bieten, ist neuer Zirkus, neues Varieté auf atemberaubendem artistischen Niveau. Und das – in der ersten, schlicht hinreißenden Hälfte der Show – in einer bezwingend spröden Ästhetik. Einen Punktabzug in der A-Note gibt da nur der blöde Einfall, die erste große Boden- und Handstandakrobatik-Einlage zu Frank Sinatras abgenudeltem Song „New York, New York“ aufzuführen. Später bietet die eingespielte Musik deutlich subtilere Songs und sperrige Soundcollagen. Schön auch der sentimentale Akzent, den die zum Retrolook der Kostüme passenden Crooner-Nummern wie „A Nightinggale Sang in Berkeley Square“ setzen. Gerade weil das virtuose Gerangel, das die Körperkünstler auf dem Boden, an Trapez, Strapaten und Masten veranstalten, oft so ruppig ausfällt. Die Kompanie prunkt mit kraftvollen, sich gegenseitig stemmenden und herumschleudernden Frauen und häufig den Part des melancholischen Clowns einnehmenden Jungs.

So weit, so schön. Doch in der zweiten Showhälfte zerfällt „Beyond“ urplötzlich wie ein Kartenhaus. Die Nummern werden kleinteilig, die Musik beliebig, hektische Publikumsanimation spricht von der Angst der Macher vor der anfänglich bewiesenen Courage. Wirklich bitter zu sehen, wie schnell eine Wunderwelt abschmieren kann. Gunda Bartels

Chamäleon Varieté, bis 2. März 2014

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