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Das Werk ohne Titel aus dem Jahr 1928 von Kandinsky soll laut der polnischen Regierung 1984 aus dem Warschauer Museum gestohlen worden sein (© Grisebach GmbH).

© Grisebach GmbH

Hehlerei-Vorwurf gegen Auktionshaus: Wem gehört der Kandinsky?

Am Donnerstagabend kam bei einer Auktion der Berliner Villa Grisebach ein Kandinsky unter den Hammer. Nun sagt die polnische Regierung, das Werk sei gestohlen.

Selten hat eine Auktion in Berlin für so viele Schlagzeilen gesorgt: Zuerst kam am Donnerstagabend in der Villa Grisebach das „Selbstbildnis gelb-rosa“ von Max Beckmann unter den Hammer, für sagenhafte 23 Millionen Euro. Doch bei diesem bereits vorab viel diskutieren Rekordverkauf blieb es nicht, die Medienberichterstattung überschlägt sich weiterhin.

Grund hierfür ist ein kleines Aquarell von Wassily Kandinksy, unbetitelt, datiert auf 1928. 310.000 Euro erzielte das durchaus schöne, aber nicht unbedingt spektakuläre Werk. Für Aufsehen sorgen vielmehr Vorwürfe seitens der polnischen Botschaft in Berlin: Bei dem Kandinsky handle es sich um Diebesgut, das Bild sei 1984 aus dem Warschauer Museum gestohlen worden – und Grisebach sei dies bekannt gewesen.

Noch während der Auktion fuhren, so berichten es Augenzeug:innen, zwei Mannschaftswagen der Polizei vor. Die Beamt:innen sollen nach dem Geschäftsführer von Grisebach verlangt haben. In einer Mitteilung des polnischen Konsuls Marcin Król heißt es, „die vom Auktionshaus Grisebach angegebene Provenienz/Geschichte des Gemäldes weist eindeutig darauf hin, dass sich das Gemälde in polnischen öffentlichen Versammlungen befand, und was noch wichtiger ist, das Gemälde hat Eigentumsmarkierungen, die auf seine Herkunft aus dem Nationalmuseum in Warschau hinweisen.“

Keine „rechtlichen Einwände“ laut Grisebach

Dass sich das Bild 1984 in Polen befand, ist tatsächlich unstrittig. Allerdings unterscheiden sich je nach Befragtem die Versionen, wie das Werk zunächst in eine amerikanische Sammlung gelangte und dann 1988 über die Münchener Galerie Thomas in den Besitz von Maren Otto. Laut Grisebach sei der Kauf durch Otto im „guten Glauben“ erfolgt.

Auf Nachfrage erklärt eine Sprecherin des Auktionshauses zudem: „Von einem möglichen Diebstahl aus einem polnischen Museum hat Grisebach erstmals kurz vor der Versteigerung durch eine Mitteilung des polnischen Kulturministeriums Kenntnis erlangt. Diese Mitteilung wurde sofort zum Anlass genommen, in eine rechtliche Prüfung einzutreten. Diese führte zu dem eindeutigen Ergebnis, dass keine rechtlichen Bedenken gegen die Versteigerung bestanden.“ Die polnische Regierung sieht dies wenig überraschend anders.

Polens Kulturminister Piotr Glinski ging sogar so weit, dem Auktionshaus Grisebach in einem Tweet Hehlerei vorzuwerfen. Zudem sei das Werk laut Konsul Król der „Stolen Works of Art Database“ von Interpol gemeldet worden. Ob dies stimmt, ist noch unklar. Grundsätzlich gehört es aber zum Standardprozedere eines Auktionshauses, im Vorfeld einer Versteigerung diese wie auch andere Datenbanken zu überprüfen.

Weitere Abwicklung zunächst ausgesetzt

Wem am Ende in dieser Angelegenheit recht gegeben wird, beeinflusst auch, wer das Bild mit nach Hause nehmen darf. Wie die „Deutsche Welle“ berichtet, werden weitere rechtliche Prüfungen ergeben müssen, ob Maren Otto beim Kauf 1988 tatsächlich „gutgläubig“ war. Und so das Werk, selbst wenn es sich ursprünglich um Diebesgut gehandelt haben sollte, nach deutschem Recht nun wieder dem Markt zur Verfügung steht. Grisebach teilte mit, man strebe eine gerichtliche Überprüfung an, bis dahin werde die weitere Abwicklung des Verkaufs ausgesetzt.

Anm.: Dieser Artikel wurde am 19.12.2022 überarbeitet und um einen Link zu einem Bericht der Deutschen Welle ergänzt.

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