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Kultur: Herbstsaison

Auktionen bei Ketterer, Lempertz und Bassenge

Die Katerstimmung scheint überwunden. Nicht nur knüpfen die Londoner und New Yorker Herbstauktionen an Vorkrisenzeiten an und setzen damit ein Zeichen. Auch das Angebot der hiesigen Häuser zeigt einen deutlichen Aufwind; denn die Einlieferer kapitaler Kunstwerke sind zurück.

Im Vorfeld als teuerstes Los der deutschen Herbstsaison wird Ernst-Ludwig Kirchners „Mädchen in Südwester“ gehandelt. Das Kölner Kunsthaus Lempertz beziffert den Wert des 1912 entstandenen Gemäldes auf 1,5 bis 1,8 Millionen Euro. Das ‚Mädchen' ist jedoch kein kindliches Modell, sondern Kirchners Lebensgefährtin Erna Schilling. Vor einem in Rosa-, Magenta- und Violetttönen aufgewühlten Strand setzt das Bildnis der jungen Frau einen Kontrapunkt von großer Ruhe. Unter den Highlights, die das Kölner Kunsthaus in seine Berliner Dependance schickt (Vorbesichtigung: bis 21. November, 11–16 Uhr; Poststraße 22; Auktionen: 2.–4. Dezember in Köln), sind außerdem Pablo Picassos 1969 mit farbigen Kreiden und Tusche gezeichnete „Femme et jeune garçon nus“ (500 000–600 000 Euro), Wilhelm Lehmbrucks gleichauf taxierte „Büste der Knieenden (Geneigter Frauenkopf)“ sowie eine unbetitelte Mischtechnik von Sigmar Polke für 380 000–400 000 Euro.

Kirchner ist auch der Star im Münchener Auktionshaus Ketterer. Das „Kinderköpfchen“, 1906 im Jahr nach der „Brücke“-Gründung entstanden, kündet mit seinem kraftvoll rhythmisierten Duktus vom Expressionismus und steht zugleich noch unter dem Eindruck impressionistischer Vorbilder. Das in hellem Kolorit gefertigte Porträt kommt für 600 000 bis 800 000 Euro zum Aufruf. Daneben reisen unter insgesamt 80 Objekten eine „Landschaft mit Häusern“ von László Moholy-Nagy (140 000–180 000 Euro) und ein Triptychon von Martin Kippenberger, das mit 250 000 bis 350 000 Euro bewertet ist, nach Berlin (Vorbesichtigung: bis 21. November, 11–16 Uhr & 22.–26. November, 11–19 Uhr; Fasanenstraße 70. Auktion: 4. Dezember in München).

Im Berliner Auktionshaus Bassenge (Erdener Straße 5, Vorbesichtigung: bis 23. November, 10–18 Uhr; Auktionen: 25.-27. November) fallen die Preismargen etwas moderater aus, denn im Grunewald steht die Druckgraphik im Zentrum. „Von Schongauer bis Moore“ ist ein Sonderkatalog mit europäischer Druckgraphik aus fünf Jahrhunderten betitelt. Seit 1963 hat der japanische Arzt Takeshi Baba die Sammlung aus konsequent fernöstlichem Blickwinkel zusammengetragen. Darunter Kupferstiche wie Martin Schongauers um 1490 gedruckte „Dornenkrönung“ oder Matthäus Zasingers weltliche „Umarmung“ von 1503 (je 12 000 Euro). Zur gleichen Schätzung wird Paul Klees anmutige Farblithographie „Die Heilige vom innern Licht“ angeboten, während Henry Moores „Standing Figures“ für lediglich 1200 Euro zu haben sind. Die Preisspitze der Sammlung bildet Edward Munchs Kaltnadelradierung „Das kranke Kind I“ mit 50 000 Euro.

Die fast 1000 Lose umfassende Offerte der Druckgraphik des 15. bis 19. Jahrhunderts führen Albrecht Dürers „Der heilige Hubertus“ mit 35 000 Euro und Rembrandts „Selbstbildnis am Fenster“ mit 24 000 Euro an. Ein seltenes Konvolut sind die 30 teils farbigen Radierungen nach Bühnenbildentwürfen von Karl Friedrich Schinkel und Carl Wilhelm Gropius für 12 000 Euro.

Die Moderne Kunst (Vorbesichtigung: bis 25. November, 10–18 Uhr, Galerie Eva Poll, Lützowplatz 7) wird von einer Skulptur angeführt. Ernst Barlachs braun patinierte Bronze „Der Flötenbläser“ aus dem Spätwerk befand sich seit den fünfziger Jahren in einer Privatsammlung und sucht nun für 75 000 Euro einen neuen Liebhaber. Bei den Gemälden der alten und neueren Meister lockt ein „Blick über die Bucht von Vyborg bei St. Petersburg“ von Niels Grönbek Rademacher mit 14 000 Euro, während man sich im Bereich der Klassischen Moderne für David Burliuks zwischen Kubofuturismus und Volkskunst angesiedeltem „Odessa“ mindestens 55 000 Euro erhofft. Michaela Nolte

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