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Sebastian Kreis und Ahmad Larnes sind Schwarz Dont Crack.

© Pascal Gambarte

House-Musikduo Schwarz Dont Crack: Die Zertrennlichen

Schwarz Dont Crack: Das sind ein Deutscher und ein Amerikaner, die zusammen House-Pop machen. Ein inniges Duo sind sie trotzdem nicht.

Das Cover ihres eben erschienenen Debütalbums sagt eigentlich schon alles über die spezielle Beziehung von Ahmad Larnes und Sebastian Kreis, die gemeinsam das Berliner Duo Schwarz Dont Crack bilden. Beide posieren mit mürrischen Blicken, der eine schaut angestrengt nach links, der andere nach rechts. Drunter steht der Plattentitel: „No Hard Feelings“ lautet der, was so viel bedeutet wie: nichts für ungut. Wären die beiden ein Liebespaar, man könnte kaum besser eine Trennungsszene darstellen, bei der sich beide etwas krampfhaft darum bemühen, wenigstens nicht im Hass auseinanderzugehen.

Außerdem passt die Szene ganz gut zu dem, was man bei einem Treffen mit Schwarz Dont Crack erlebt. Es ist eine seltsame Situation. Seltsam, aber wenigstens nicht routiniert und langweilig wie so oft, wenn man Popmusiker treffen darf, die halt etwas Verkaufsförderndes über ihre neue Platte erzählen müssen.

Es geht schon damit los, dass man den beiden in der Lounge des Berliner Soho House nicht gemeinsam gegenübersitzt, sondern einzeln. Erst darf man Ahmad Larnes, den ehemaligen Modefotografen aus New York, befragen, der bereits als Kind im Kirchenchor gesungen hat. Danach Sebastian Kreis, geboren in Halle, aufgewachsen in einem Kaff im Saarland, dann Gitarrist und Sänger in diversen Indierockbands mit Namen wie The Analz und The Clouts, über die man, so Kreis, gerne schreiben dürfe, dass sie richtig schlecht waren. Ahmad Larnes scheint sich pudelwohl zu fühlen im Soho House, diesem Hotel mit dem bemüht exklusiven Flair, wo der Amerikaner bei kleinen Partys gelegentlich auch auflegt. Andauernd kommen Leute vorbei, die er kennt, gibt er Küsschen hier, Küsschen dort und verteilt Kopien seiner neuen CD, während Sebastian Kreis beim Burger – medium raw – später sagen wird, dass er diesen Laden eigentlich nicht ausstehen kann.

Für Geld produziere ich auch Helene Fischer

Und so geht es immer weiter. Larnes schwärmt von Berlin und erklärt, dass er es in Amerika zuletzt nur noch schrecklich fand, Kreis sagt, dass er jetzt seit sechs Jahren in Berlin lebe und das langsam reiche, auch weil er hier die Musikszene schrecklich finde – er würde gerne nach Los Angeles ziehen, wo viel professioneller an Popmusik herangegangen werde als hier. Der Amerikaner redet ziemlich beseelt von seiner Musik, durch die er versuche, Abstand von der Fashionszene zu gewinnen. Der Deutsche erklärt, dass Black Dont Crack nur eines unter vielen Projekten sei, die er verfolge, dass er auch Helene Fischer produzieren würde, wenn die Bezahlung stimmen würde, und dass er Mode schon immer für lächerlich gehalten habe.

Wie aber haben diese beiden unterschiedlichen Typen überhaupt zusammengefunden? „Übers Internet“, sagt Ahmad Larnes. Er hatte nach seinem Umzug vor fünf Jahren auf der Anzeigenplattform Craiglist inseriert, dass er einen Produzenten suche, woraufhin sich Sebastian Kreis meldete, der auch gerade nach Berlin umgesiedelt war. Die beiden trafen sich auf einen Kaffee und versuchten sich an ersten Stücken im Schlafzimmer-Studio von Kreis. Sie überlegten sich den etwas seltsamen Bandnamen, der in der amerikanischen Umgangssprache so viel bedeutet wie: Einem Schwarzen sieht man sein Alter nicht so richtig an. Über die letzten Jahre hinweg sind dann die Songs entstanden, die nun auf ihrem Debütalbum zu hören sind.

Es ist die erste Veröffentlichung des Duos nach einer EP für das Pariser Hipster-Label Kitsuné. Zu epischer Breitwandelektronik und düsteren Synthiefanfaren singt Ahmad Larnes mit seiner souligen, immer ziemlich dramatisch klingenden Stimme. Man hört einen Hauch Prince, viel R & B, amerikanische Elektrotanzmusik, rumpelige Sounds, aber auch sehr viel Willen zu einer Art von Popmusik, die man auf einer Party direkt nach einem Hit von Michael Jackson auflegen könnte.

Ist er schlecht gelaunt oder ein verschrobener Produzenten-Dude?

Als Hörer bleibt man immer ein wenig desorientiert, versucht, die Musik einzuordnen, aber so richtig kriegt man sie nie zu fassen. Sie liegt zwischen John Carpenter, dem Soundtrack zum Film „Drive“ mit seiner düsteren, glitzernden Großstadtschluchtenelektronik, dem queeren R-&-B-Sänger Frank Ocean und Skrillex. Diese Mischung muss man erst mal so hinbekommen.

Sebastian Kreis, bei dem unklar bleibt, ob er überhaupt keine Lust auf ein Gespräch hat, einfach nur schlecht gelaunt ist oder lediglich an einem Image als verschrobener Produzenten-Dude arbeitet, sieht das alles freilich viel nüchterner. Den „Drive“-Soundtrack, den Ahmad Larnes im Gespräch total feiert, hält er für überbewertet. Und dass einige der von ihm produzierten Synthie-Fanfaren so schön roh klingen und einen Retro- Charme haben, liege nicht etwa daran, dass er bewusst Endsiebziger-Elektronik zitieren wollte, sondern dass er diese bereits vor ein paar Jahren produziert habe – „ und zu der Zeit konnte ich es einfach noch nicht besser“.

Kreis ist offensichtlich ziemlich unzufrieden mit der Platte, wegen der er hier im Soho House sitzt. Manche seiner Beats klängen einfach nicht mehr zeitgemäß, sagt er. Das ist schon ein wenig so, als würde ein Schriftsteller über ein neues Buch reden, von dem er selbst sagt, dass er es ganz anders hätte schreiben sollen. Dauernd ertappt man sich bei dem Reflex, die Platte vor ihrem Produzenten in Schutz nehmen zu müssen. Eine Platte, die ja gerade deswegen so gut funktioniert und Spaß macht, weil sie nicht bis in die letzten Winkel perfekt durchgestylt wurde.

Bei den nun anstehenden Konzerten von Schwarz Dont Crack wird Sebastian Kreis einfach gar nicht zugegen sein. Der auf dem Albumcover von „No Hard Feelings“ angedeutete Schritt scheint so vollzogen zu werden: Der eine geht in diese Richtung, der andere in die entgegengesetzte. Ahmad Larnes wird gemeinsam mit einem Drummer und einem Mann an den Synthesizern auftreten, ohne Kreis, der dann weiter daheim über Beats brüten kann, mit denen er vielleicht endlich mal hundertprozentig zufrieden ist. Schwarz Dont Crack, das ist vielleicht schon jetzt nur noch ein Soloprojekt.

„No Hard Feelings“ erscheint bei Nettwerk. Konzert am 4. Juli um 20 Uhr im About Blank, Markgrafendamm 24 c in Friedrichshain.

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