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In KÜRZE: In KÜRZE

PANORAMA Auf in den Kampf: „Parada“ von Srdjan Dragojevic „Tod den Schwulen“ ist in Belgrad ein Allerweltsgraffitti. CSD-Paraden werden dort entweder gleich verboten oder enden wie 2010 in Straßenschlachten.

PANORAMA

Auf in den Kampf:

„Parada“ von Srdjan Dragojevic

„Tod den Schwulen“ ist in Belgrad ein Allerweltsgraffitti. CSD-Paraden werden dort entweder gleich verboten oder enden wie 2010 in Straßenschlachten. Im Jahr zuvor hat Regisseur Srdjan Dragovjevic seine schwarze Komödie angesiedelt. Eine Gruppe queerer Aktivisten engagiert den kriminellen Macho Limun (Nikola Kojo), die von ihnen geplante Parade zu beschützen. Auf die korrupte Polizei ist kein Verlass, und Hooligans attackieren die Organisatoren bereits in der Vorbereitungsphase. Weil Limun in der serbischen Hauptstadt keine Mitstreiter für die Mission findet, reist er mit dem schwulen Radmilo durch ganz Ex-Jugoslawien und engagiert weitere Gangster. Mit ihnen hatte er sich während der Balkankriege angefreundet, als er Mitglied einer paramilitärischen Serben-Einheit gewesen war. „Parada“ zieht viel Komik aus dem Culture Clash zwischen den Schwulen und den Gangstern, wobei beide Gruppen absichtlich klischeehaft gezeichnet sind. Allerdings gibt es keinen einzigen Homo-Kuss zu sehen. Das ist einer der vielen Kompromisse, die Dragojevic gemacht hat, um ein möglichst großes Publikum für seinen um Toleranz werbenden Film zu gewinnen. In Serbien ging die Taktik auf, dort war „Parada“ ein Kassenschlager. Ob sich in dem Land, das sich derzeit um den EU-Kandidatenstatus bemüht, in Sachen Minderheitenrechte etwas bewegt hat, wird sich im Sommer zeigen. Dann gibt es den nächsten Versuch, einen CSD durchzuführen. Nadine Lange

15.2., 17 Uhr (Cubix 9), 16.2., 21.30 Uhr (Babylon Kreuzberg), 19.2., 20 Uhr (International)

FORUM

Rein in den Wald:

„Salsipuedes“ von Mariano Luque

In der Ankündigung zu „Salsipuedes“ heißt es: „Es ist Hochsommer in der bewaldeten Region unweit der Stadt Salsipuedes im Norden Argentiniens, wo Rafa und Carmen einen gemeinsamen Campingurlaub verbringen. Allerdings trübt Carmens blaues Auge die sommerliche Stimmung nachhaltig.“ Diese Beschreibung ist ziemlich exakt, was die dramatische Fallhöhe des Films angeht. Der 25-jährige Regisseur Mariano Luque versucht in seinem Regiedebüt das Fehlen einer Story durch formale Eigenheit zu kompensieren. In überlangen Einstellungen zeigt er ein mittelaltes Paar, das seine Zeit in einer verfahrenen Beziehung verschwendet. Carmen ist depressiv, sitzt im Auto, raucht und starrt in den Wald. Rafa ist jähzornig, sexuell unausgelastet und der mutmaßliche Verursacher von Carmens blauem Auge. Eine quälende Situation, die auch durch das Auftauchen von Carmens Mutter und Schwester nicht erträglicher wird. Denn diese sind ebenfalls wenig inspirierende Charaktere, mit denen man weder einen Tag im Nadelwald geschweige denn 66 Minuten im Kino verbringen möchte. Philipp Lichterbeck

15.2., 13.45 Uhr (Cinestar 8), 16.2., 21.45 Uhr (Cinemax 4), 18.2., 20 Uhr, (Colosseum 1)

PANORAMA

Her mit der Katze:

„Rentaneko“ von Naoko Ogigami

Schon als sie jung war, wurde Sayoko von Katzen verfolgt. Heute gibt sie ihnen im Haus ihrer verstorbenen Großmutter eine Unterkunft. Tagsüber packt sie die Katzen alle in einen Wagen und bietet sie als Leih-Tiere an: „Rent-a-Neco“ für einsame Menschen. Naoko Ogigamis sechster Spielfilm „Rentaneko“ entfaltet in episodischer Reihung so etwas wie eine Typologie der einsamen Menschen: Die alte Frau, deren Sohn sich nicht kümmert. Ein Geschäftsmann, der fern von seiner Familie wohnt. Die Angestellte der Autovermietung, in deren Laden sich nie jemand verirrt. Und natürlich Sayoko selbst, die zwar auf Katzen anziehend wirkt, nicht aber auf Menschen, geschweige denn Männer – mit herrlichem Trotz gespielt von Mikako Ichikawa. Der japanische Film ist ernst, aber nicht traurig, und obwohl seine Erzählweise auf Variation wiederkehrender Momente beruht, bleibt er dennoch stets unvorhersehbar. Der skurrile Humor, mit manchmal surrealem Einschlag, verleiht dem Film eine ganz eigene Leichtigkeit. Sehenswert. Sebastian Handke

15.2., 22.45 Uhr (Cinestar 3), 16.2., 22.30 Uhr (Cubix 7/8), 19.2., 20.15 Uhr (Cinestar 3)

PANORAMA

Ran an den Speck:

„Keep the Lights on“ von Ira Sachs

Wenn dieser Film von einem Mann und einer Frau handeln würde, wäre er so sehenswert, wie viele Beziehungsstudien in der Tradition von Ingmar Bergman. Da er jedoch von einem schwulen Paar handelt, setzt er Maßstäbe. Normalerweise kommen im schwulen Kino die Konflikte von außen, die Liebenden sind absolut rein und müssen sich gegen ein homophobes Umfeld behaupten. In „Keep the Lights On“ scheitert eine Beziehung am gegensätzlichen Wesen der Partner, ganz wie im wahren Leben. Der Dokufilmer Erik (Thure Lindhardt) ist ein unbekümmerter Genussmensch; der Anwalt Paul (Zachary Scott) neigt zu Depressionen und nimmt Drogen. Die Probleme werden nicht unnötig dramatisiert: Pauls Sucht ist eine Belastung, keine Tragödie. Der New Yorker Regisseur Ira Sachs beobachtet seine Protagonisten von 1998 bis zur Gegenwart und tut das mit viel Liebe zum beruflichen, sexuellen und kulinarischen Detail. Es wird ausgiebig und stilvoll gespeist. Sogar eine Teddy-Verleihung kommt vor: Erik wird für seinen ersten Film auf der Berlinale ausgezeichnet. Ira Sachs könnte dasselbe passieren. Frank Noack

15.2., 19 Uhr (Cinemaxx 7), 16.2., 22.45 Uhr, 18.2., 17.45 Uhr (Cinestar 3)

PANORAMA

Raus mit dem Bruder:

„My Brother the Devil“

Hackney ist ein ethnisch diverser Stadtteil Londons mit hoher Arbeitslosigkeit und noch höherer Kriminalitätsrate. Nachrichten von dort drehen sich meist um Messerstechereien unter Jugendlichen oder, wie im vergangenen Sommer, um Ausschreitungen. In diesem Milieu von kriminellen Jugendbanden siedelt die Regisseuring Sally El Hosini ein packendes Geschwisterdrama an: Rachid dealt mit Drogen, weil er keine Alternative sieht und hofft, seinem jüngeren Bruder Mo mit dem Geld eine nichtkriminelle Karriere zu ermöglichen. Doch Mo himmelt Rachid an und eifert ihm nach. Als Rachid aus seiner Gang aussteigt, kommt es zwischen den Brüdern zum Bruch. Sally El Hosaini, die selbst in Hackney wohnt, ist mit „My Brother the Devil“ ein stimmiges Debüt gelungen: schöne Bilder, überzeugende Hauptdarsteller und eine weitgehend glaubwürdige Geschichte. Nicht bahnbrechend neu, aber gut. David Assmann

15.2., 18 Uhr (Friedrichstadt-Palast), 16.2., 10.30 Uhr (Cinemaxx 7), 17.2., 17 Uhr (Cubix 9), 18.2., 20 Uhr (International)

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