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Kultur: Jäger der Sammler: Sorgfältig gehütete Motive: Zwei Bücher über das Leben mit Kunst

Der Sammler, das unbekannte Wesen: Nie war die Neugierde größer auf ihn als in Zeiten, in denen die öffentlichen Sammlungen darben und private ihre Lücken schließen. Sei es in den Beständen - wo jüngst 240 Druckgrafiken des rheinischen Sammlerpaares Welle das Berliner Kupferstichkabinett ergänzten.

Der Sammler, das unbekannte Wesen: Nie war die Neugierde größer auf ihn als in Zeiten, in denen die öffentlichen Sammlungen darben und private ihre Lücken schließen. Sei es in den Beständen - wo jüngst 240 Druckgrafiken des rheinischen Sammlerpaares Welle das Berliner Kupferstichkabinett ergänzten. Sei es als Ausstellungsprogramm - wie die in der Neuen Nationalgalerie präsentierten surrealistischen Werke der Sammlung Dieter Scharf. Ohne die Sammler geht es nicht (mehr).

Wer aber sind diese glücklichen Geber, die für den klammen Staat so großzügig in die Bresche springen? Thea Herold hat sich in Berlin auf die Suche gemacht und sechzehn von ihnen exemplarisch in ihrem lesenswerten Buch "Auf meine Art" vorgestellt. Die jeweils nur wenige Seiten umfassenden Porträts umkreisen jedoch weniger die entscheidende Frage, was dies nun für eine Spezies ist. Vielmehr sucht sie nach dem Warum. Jedem dieser Vertreter nähert sich die Berliner Autorin auf andere Weise: Während sie den Verwaltungsjuristen Detlef Völkner selbst die Geschichte eines ungewöhnlichen Bilderkaufs erzählen lässt, der alles über seine Begeisterungsfähigkeit verrät, tastet sie sich mit einem Interview an die Motive des Rechtsanwalts Peter Raue heran. Was wiederum die Kulturmanagerin Marianne Esser bewegt, versucht sie behutsam über die von ihr gesammelten Werke von Ulrike Grossarth zu erklären.

In dem Band finden sich neben den bekannten Größen Berggruen, Marx, Piepenbrock, Hoffmann auch jüngere Kunstliebhaber wie die Galeristenbrüder Hannes und Ben Kuckei, der Ökonom Karsten Schmitz oder der Ausstellungsmacher Christoph Tannert. Die Autorin geht es mit Delikatesse an. Keinem ihrer Gesprächspartner tritt sie zu nahe, denn Sammler pflegen zwar eine Leidenschaft, sind aber empfindsame Geschöpfe, fragt man nach ihren Beweggründen. So entstand ein Potpourri, das Schlussfolgerungen nur indirekt erlaubt. Ähnlich poetisch verfährt Thea Herold auch in dem angefügten Tagebuch, in dem sie Impressionen des Berliner Kunstlebens notierte.

In dieses Diarium hätte gewiss auch jener Abend beim Sammlerehepaar Pietzsch Aufnahme gefunden, hätte er nicht nach Abschluss ihrer Recherche stattgefunden. Ulla und Heiner Pietzsch hatten in ihr Grunewalder Haus geladen, in das nach der großartigen Präsentation ihrer Kollektion im Dresdner Schloss (Tsp. 22. 7.) gerade erst sämtliche Bilder wieder zurückgekehrt waren. Sammlerfreunde, Museumsleute, Galeristen, Kuratoren und Kritiker waren gekommen, diesmal nicht, um die Werke von Miró, Dalí, Magritte, Delvaux, Max Ernst zu bewundern, sondern die Veröffentlichung ihres ersten Sammelbandes zu feiern, dem im kommenden Herbst ein weiterer folgen soll. Eine dem Berliner Publikum bislang kaum bekannte Sammlung hat mit diesem schwergewichtigen Kompendium zumindest in Buchform ein Forum gefunden.

Ob nach Lektüre von Thea Herolds Porträts oder Durchblättern des Pietzsch-Prachtbandes - die Frage bleibt am Ende immer ungeklärt, was diese Menschen wirklich treibt. Aber der Wunsch wird geweckt, nicht nur die Jäger, sondern auch ihre Trophäen kennenzulernen. Woraus zumindest eine Erkenntnis erwächst: Die in Berlin gern geführt Klage über das Fehlen der Sammler lässt sich kaum noch aufrecht halten.

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