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Kultur: Jugend-Stil

London. Das klingt immer noch wie ein Versprechen.

London. Das klingt immer noch wie ein Versprechen. 1988 war es, als der junge Damien Hirst die Ausstellung „Freeze“ eröffnete und einem wilden Zirkus aus halbierten Schafen, wüsten Zelten und anspielungsreichen Melonen von ihm selbst und seinen Kommilitonen eine Manege bot. Die Kunst wurde zur Sensation und manches verpuffte, früher oder später; anderes blieb und entwuchs dem Label Young British Art. Und obwohl das schon lange her ist, kitzelt das Wort London immer noch Erwartungen hervor: an Geschwindigkeit, Härte und kraftvolle Paukenschläge. Gleich zwei Ausstellungen in Berliner Galerien zeigen aktuell junge Kunst aus London. Doch längst ist der Tonfall ein anderer geworden. „Solitude“ heißt die Doppelausstellung bei Upstairs Berlin , die sich auf beide Ausstellungsräume der Galerie verteilt (Zimmerstraße 90 /91, Aufg. A, Holzmarktstraße 15 –18, Bogen 50, bis 25. März). Solitude, also Einsamkeit ist die Verbindungslinie, die der in London lebende dänische Kurator Michael Bank Christoffersen zwischen zehn jungen Künstlern zieht. Und verspricht die Pressemitteilung „eine berauschende Mixtur urbaner Ambitionen“ und „wilder Exotik“, so steht der Besucher doch selbst recht einsam da. Selbst Mat Collishaws digitale „Punk Flowers“ (Ed.3, 6300 Euro) wirken trotz Rasierklinge und Ketten antiseptisch clean. Und das in der Videoarbeit von Loukia Alavanou unablässig singende Disney-Schneewittchen-Gesicht flattert harmlos zwischen Skeletten herum wie ein Schmetterling in der Abendsonne. Auch in der Holzmarktstraße dominiert Tristesse: Da zerfließen Vögel, Blumen und lustvoll verzerrte Gesichter zu wandfüllenden schwermütigen Ornamenten, im Zentrum steht der „Hawaiian Skirt“, eine drei Meter hohe Bastkonstruktion mit Stoffblumen von Hadassah Emmerich (12 900 Euro). Einzig Anna Gengers sich scheinbar selbst zerfleischende Blumenbilder stechen aus dem allzu Gefälligen hervor (340 – 2800 Euro). Fin-de-Siècle-Kunst, die eher streift als sticht.

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Ebenfalls Kunst mit Londonbezug zeigen die Galerien Tammen und Seitz & Partner an ihrem neuen gemeinsamen Quartier in der Friedrichstraße 210 (bis 18. März). Auf die Etage verteilt stehen den Galeristen hier mehr als 500 Quadratmeter zur Verfügung, und so bleibt auch noch Platz für die Londoner Gastgalerie EcArtspace , die großformatige abstrakte Gemälde von Frances Aviva Blane beisteuert. Tammen setzt auf den in Berlin lebenden gebürtigen Engländer Tom Drake Bennett , der seine pastos gemalten und collagierten „politischen Landschaften“ zeigt (ab 1700 Euro). Fünf junge Positionen ergänzen das Spektrum, wobei vor allem Laura Greens kleinformatige Bilder in Erinnerung bleiben, auf denen selbst Pyramiden ein Eigenleben entwickeln. Trotz der facettenreichen Kombination aus arrivierteren und jüngeren Künstlern entsteht der Eindruck einer gewissen Unentschlossenheit in dieser aktuellen Londoner Kunst. Vielleicht muss auf jeden Rausch der Kater folgen. Einen Ausweg bietet vorerst vielleicht eine Ausstellung, die am Montag in der von der Berlin Biennale initiierten Gagosian Gallery in der Auguststraße 50A eröffnet: Unter dem Kürzel YBA , verbirgt sich hier Young Bavarian Art – junge Kunst aus Bayern.

Katrin Wittneven

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