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Auf den Filmfestspielen in Berlin im Februar 2010 stellte der indische Schauspieler Shah Rukh Khan den Film "My name is Khan" bereits vor.

© dpa

Filmkritik: Khan und wie er die Welt sah

Wenn die Liebe den Terror besiegt: Shah Rukh Khan im Bollywood-Drama "My Name Is Khan".

Mein Name ist Khan und ich bin kein Terrorist: Wie ein Mantra wiederholt Rizvan Khan diesen Satz auf seiner Reise durch Amerika. Den Präsidenten will er treffen und ihm genau dies sagen: Mein Name ist Khan und ich bin kein Terrorist. Denn nach den Anschlägen von 9/11 hat sich Fremdenhass breitgemacht in den USA. Rizvans Migranten-Patchworkfamilie zerbricht daran, sein sechsjähriger Stiefsohn kommt deshalb ums Leben.

Hauptdarsteller Shah Rukh Khan verbindet mehr mit seiner Figur als nur der Name. Auch er wurde schon an einem Flughafen wegen seines islamischen Namens festgehalten. Die Angst des Westens vor dem Moslem in seiner Mitte, darum geht es in „My Name Is Khan“. Ein bisschen „Forrest Gump“, ein wenig „Rain Man“, dazu der indische (und längst internationale) Superstar auf einem Roadtrip durch die Staaten – Fox sicherte sich die Rechte, weil man wohl hoffte, an den Hit „Slumdog Millionaire“ anknüpfen zu können, den Oscar-Gewinner 2009.

Bollywood trifft Hollywood: Ästhetisch hält sich „Khan“ an das Design der globalisierten Waren- und Werbeästhetik (Rizvans Frau arbeitet im Friseursalon, Rizvan selbst bringt Beautyprodukte an die Frau – sehr komisch), dramaturgisch folgt der Film den Regeln des indischen Kinos. Es beginnt mit Vor-, Familien- und Liebesgeschichten: Rizvan folgt dem Bruder in die USA, begegnet der Friseuse Mandira (Kajol), wirbt erfolgreich um sie und führt ein glückliches Kleinfamilienleben. Das ist alles hübsch anzusehen und insofern ungewöhnlich, als Rizvan am Asperger-Syndrom leidet, einer Variante des Autismus: er ist hyperintelligent, erträgt keinen Lärm, die Farbe Gelb macht ihn rasend.

Das Drama folgt auf den Fuß – und von hier an läuft der Film aus dem Ruder. Zu Bruderzwist und religiösen Differenzen kommen Rassismus, Terrorhysterie, der Hurrikan „Katrina“ und die Wahl Obamas. Ein Gegenwartsmärchen, mit Trashelementen durchsetzt, in das sämtliche amerikanische Großereignisse seit 2001 hineingezwängt sind – aus der Perspektive eines Einwanderers, der wie Forrest Gump obendrein ein bisschen anders tickt als der Normalo-Amerikaner.

Das indische Unterhaltungskino folgt seinen eigenen Gesetzen. Das Subtile ist seine Sache nicht, es ist überbordend und naiv, gibt sich der Lust am Spektakel hin und glänzt gerade dann, wenn es sich einen ernsten Hintergrund leistet. Regisseur Karan Johar, Sohn des großen Produzenten Yash Johar, hat sich nach dem internationalen Erfolg „Sometimes Happy Sometimes Sad“ vorgenommen, das Bollywood-Kino für die Realität zu öffnen. Er versucht dies nicht als einziger innerhalb des Starsystems, aber er hantiert mit den größten Budgets und beliebtesten Darstellern. In „Kabhi Alvida Naa Kehna“ erzählte er 2006 ungewöhnlich realistisch von Ehebruch und Scheidung.

Auch „My Name Is Khan“ enthält alle Zutaten für modernes Gefühlskino, doch sie fügen sich nicht recht zusammen. Die perfekte Melange aus Komik, Tragödie, Musik und allerlei Nebenhandlungen, diese Spezialität des indischen Kinos will diesmal nicht gelingen. „Khan“ ist kein wohl dosiertes Masala, sondern bleibt ein Mischmasch, vor allem zum Ende hin.

In der ursprünglichen, auf der Berlinale gezeigten 160-Minuten-Fassung wird Rizvan zum Helden der Nation, weil er ein Dorf voller Gospel singender Schwarzer vor „Katrina“ rettet. Da kippt „Khan“ ins folkloristische Klischee, in diesem an Klischees nicht gerade armen Film. Erstaunlich für ein Werk, das sich dem Abbau von Vorurteilen verschrieben hat. In der jetzigen Zwei-Stunden-Fassung ist die „Katrina“-Episode gestrichen – Obama würdigt Rizvan trotzdem. Das verstehe, wer will. Hauptsache, auch die Politik ist am Ende in Partylaune.

Broadway, Cinemaxx, Eiszeit, Filmtheater am Friedrichshain, Kant und Yorck; Originalversion im Odeon

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