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Kultur: Kiste oder Wolke

Kunsthalle: Entscheidung fällt in zwei Wochen

Zwei Monate sind ruhig ins Land gegangen, und nichts ist seitdem passiert in Sachen temporäre Kunsthalle auf dem Schlossplatz. Ende August hatten die beiden Bewerber für das Projekt ihre Unterlagen bei der Senatskulturverwaltung eingereicht. Und dann Stille. Noch immer kann sich der Regierende Bürgermeister, der zugleich als Kultursenator amtiert, nicht entscheiden, ob er nun die „Wolke“, das futuristische Gebilde des Berliner Büros Graft, oder die funktionable Box des Wiener Architekten Adolf Krischanitz favorisiert. Nur kosten darf sie nichts. Kuratorisches Konzept, Finanzierungsstrategie sowie Auf- und Abbaupläne hat Wowereit von beiden: sowohl von der Gruppe um die Künstlerin Coco Kühn und die Kulturmanagerin Constanze Kleiner, die seit ihrer Abschiedsausstellung „White Cube“ im Palast der Republik 2006 an einer Fortsetzung arbeiten, als auch von der Kunstzeitschrift Monopol, die dafür sogar einen Architekturwettbewerb ausschrieb und seitdem den Graft-Entwurf vorantreibt.

Diese Stille in der Kulturverwaltung wird allerdings zunehmend lauter. Voraussichtlich gebe es übernächste Woche etwas zu vermelden, heißt es. Das wäre allerdings auch höchste Zeit. Denn bis zum endgültigen Abriss vom Palast der Republik Ende 2008 schrumpfen die Möglichkeiten. Die Kunsthalle hat dann bis zum Baubeginn des Humboldtforums 2010 gerade ein Jahr, um sich zu bewähren. Für die Planer in den Architekturbüros und die kuratorischen Beraterteams wird es zunehmend eng, denn Ausstellungen brauchen ihre Vorlaufzeit. Davon abgesehen, gibt es von potenziellen Sponsoren erst in dem Moment eine klare Verbindlichkeit, wenn der Senat offiziell seine Zusage gibt. Die Kulturverwaltung macht es sich leicht. Sie wartet ab und überlässt privaten Initiativen den aktiven Part; im Gegenzug bietet sie den wohl attraktivsten Platz der Stadt. Im Sport kennt man das Modell von diversen Bundesliga-Stadien; in der Kunst ist das noch terra incognita.

Wer also bekommt den Zuschlag? Wird es die in ihren amorphen Rundungen spektakuläre Graft-„Wolke“ sein (Kosten: 8 Millionen Euro), die zur Finanzierung vermutlich einen Großsponsor setzt, der anschließend womöglich mit Berlins Luftschloss als Werbemarke weiterzieht? Oder die eher schlichte Krischanitz-Kiste (850 000 Euro), deren Aufbaukosten der Mäzen Dieter Rosenkranz von der Stiftung Zukunft Berlin übernimmt? Wofür auch immer Wowereit sich entscheidet – mit der temporären Ausstellungshalle bekommt er frei Haus geliefert, wofür man Berlin mittlerweile in aller Welt kennt: als Kunststadt von enormer Vitalität, die sich unabhängig in den Galerien und Ateliers zu einer der wichtigsten Produktionsstätten entwickelt hat. Das Modell vom selbstverwalteten Ausstellungshaus passt also zu Berlin. Hier zählte immer schon Eigeninititative. Lange Zeit wurde das von offizieller Seite übersehen, doch die wachsende internationale Aufmerksamkeit und zunehmende Ausstellungsaktivität wie jüngst rund um die Kunstmesse Art Forum ist auch für den Senat nicht zu übersehen.

Wowereit hat deshalb noch in dieser Legislaturperiode eine dauerhafte Kunsthalle in Aussicht gestellt, die er sich auch etwas kosten lassen will. Das Geld wird allerdings erst im Doppelhaushalt 2010/11 bereitgestellt. Wo dieses Haus seinen Ort findet, wird frühestens 2009 geklärt – ob nun hinter dem Hamburger Bahnhof oder auf dem Gelände des Kreuzberger Blumenmarkts. Die temporäre Kunsthalle am Schlossplatz in Mitte bildet also die perfekte Probebühne. Danach könnte sie einfach ein paar Straßen weiterziehen. Im Vergleich zur rein funktionablen Box von Alfons Krischanitz wäre allerdings die glamouröse „Wolke“ als festes Domizil weitaus attraktiver für die Kunst. Und für Berlin.

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