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Kultur: Klimagipfel: Der letzte Versuch

Wird Bonn der Ort, wo das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz gerettet wurde? Die Chancen dafür standen zeitweise nicht schlecht.

Wird Bonn der Ort, wo das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz gerettet wurde? Die Chancen dafür standen zeitweise nicht schlecht. So legte in der Nacht zum Sonntag der Präsident des Klimagipfels, der niederländische Umweltminister Jan Pronk, ein Kompromiss-Papier vor, das abzulehnen für die mehr als 180 Vertragsstaaten kaum noch möglich ist. Was nicht heißt, dass dies alle Beteiligten genauso sahen.

Jan Pronk hat mit seinem Kompromiss-Vorschlag versucht, die gegensätzlichen Interessen so auszutarieren, dass es schwer zu begründen ist, ihm nicht zuzustimmen. Dabei kam Pronk vor allem der so genannten Regenschirm-Gruppe, der neben Japan, Kanada und Australien bis zu ihrem Ausstieg auch die Verinigten Staaten angehört hatten, weit entgegen. Auf der anderen Seite hat die Europäische Union bis an die Schmerzgrenze guten Willen gezeigt, und war bereit, zähneknirschend zuzustimmen.

Kein Jubel bei Umweltschützern

Auch die Umweltverbände haben den Kompromiss nicht bejubelt. Trotzdem forderten sie am Sonntag vormittag alle Delegationen eindringlich auf, ihn zu billigen. Trotz aller Kritik im Detail: "Das Kyoto-Protokoll bringt eine reale Reduzierung von Treibhausgasen. Ohne es werden die Emissionen weiter steigen", sagte Jennifer Morgan vom World Wide Fund for Nature (WWF).

Die Europäische Union hat für dieses Ziel eine Menge Kröten geschluckt. Die wichtigste: So genannte Senken werden weitgehend als Beitrag zum Klimaschutz zugelassen. An der Senken-Frage war schon der Gipfel in Den Haag vor einem halben Jahr gescheitert. Und es war auch in Bonn der schwierigste Streitpunkt. Noch am Samstag nachmittag zeichnete sich keine Kompromisslinie ab. Als Senken werden Kohlenstoffspeicher bezeichnet, beispielsweise Wälder oder Böden. Es müsste doch möglich sein, durch Aufforstungen, veränderte Pflügetechniken in der Landwirtschaft oder die Stilllegung von Äckern Kohlenstoff zu binden, der Luft also Kohlendioxid zum Nutzen der Atmosphäre zu entziehen, meinten die USA.

Die Idee fand Eingang in das Kyoto-Protokoll, ohne dass 1997 schon Regeln dafür gefunden worden wären, wie solche Senken den Klimaschutzkonten der Industriestaaten angerechnet werden sollten. Jan Pronk hat nun vorgeschlagen Wälder bis zu einem bestimmten Anteil als Beitrag zum Klimaschutzziel zuzulassen. Schlimmer finden vor allem die Umweltverbände, dass es keine Deckelung für Senken bei landwirtschaftlichen Flächen gibt.

Bei der Anrechenbarkeit von Senken ist Jan Pronk den widerstrebenden Mitgliedern der Regenschirm-Gruppe weiter entgegengekommen, als diese gefordert hatten. Japan darf sich 16,3 Millionen Tonnen Kohlenstoff, das entspricht in etwa 62 Millionen Tonnen CO2

über seine Senken gutschreiben.

Erleichtert sind Umweltverbände und die EU, dass Senken im so genannten Saubere-Entwicklungs-Mechanismus (CDM) nur sehr eingeschränkt zugelassen werden. Insbesondere gibt es keine Klima-Gutschriften dafür, dass Wald, der hätte abgeholzt werden können, nicht abgeholzt worden ist. Über den CDM sollen Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern finanziert werden, deren CO2 Gutschriften teilweise auf den Reduktionskonten der zahlenden Industriestaaten verrechnet werden dürfen.

Die Europäische Union konnte sich jedoch in einer anderen wichtigen Frage durchsetzten. Atomkraftwerke sollen nicht als Beitrag zum Klimaschutz gelten. Ein Punkt, den Japan am Sonntagnachmittag erneut diskutieren wollte.

Strafen für Vertragsverletzungen

Wichtig war der EU auch ein verlässliches System der Erfüllungskontrolle für die Klimaschutzziele. Verfehlt ein Staat sein Reduktionsziel, wird er von der Nutzung der so genannten Flexiblen Mechanismen - also dem Handel mit Verschmutzungsrechten oder dem CDM - vorläufig ausgeschlossen. Zudem muss er Wiedergutmachung leisten, ohne allerdings bestraft zu werden. Das bedeutet: Für jede Tonne Kohlendioxid, die ein Staat nicht vermindert, muss er in der nächsten Verpflichtungsperiode 1,3 Tonnen CO2 zusätzlich reduzieren. Nur wenn es solch rechtlich verbindliche Regeln gibt, kann ein internationaler Emissionshandel installiert werden. "Nur dann entsteht ein Markt", sagt Bundesumweltminister Jürgen Trittin.

Auch über die umstrittenen Finanzfragen legte Pronk eine Einigung vor. Drei neue Fonds sollen Entwicklungsländern helfen, sich an den Klimawandel anzupassen und, noch bevor sie selbst Reduktionsziele übernehmen, saubere Energiesysteme aufzubauen. Die Mittel stehen allerdings auch den Staaten der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) zur Verfügung, um ihre Ökonomien zu diversifizieren. "Da hätten wir uns auch etwas anderes vorstellen können", meinte Jürgen Trittin am Sonntag säuerlich.

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