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KUNST Stücke: Klub der Koniferen

„Versteckt, verdreht“ nennt Ute Behrend ihre Fotografie zweier Koniferen: Die eine geht im wuchernden Efeu fast unter, die andere vollführt auf dem kiesbestreuten Vorplatz eines Eigenheims eine kunstvolle Pirouette, auf die Gärtner und Besitzer vermutlich stolz sind. 24 solche, ähnlich konzipierten und doch jedes Mal überraschenden erzählerischen Doppelbilder der Kölner Fotografin laden in der Alfred-Ehrhardt-Stiftung (Auguststraße 75, bis 22.

„Versteckt, verdreht“ nennt Ute Behrend ihre Fotografie zweier Koniferen: Die eine geht im wuchernden Efeu fast unter, die andere vollführt auf dem kiesbestreuten Vorplatz eines Eigenheims eine kunstvolle Pirouette, auf die Gärtner und Besitzer vermutlich stolz sind. 24 solche, ähnlich konzipierten und doch jedes Mal überraschenden erzählerischen Doppelbilder der Kölner Fotografin laden in der Alfred-Ehrhardt-Stiftung (Auguststraße 75, bis 22. September) zur Betrachtung. Der Effekt ist zuallererst ein ironischer, denn hinter der misslichen Lage der zur neuen deutschen Hauszierde avancierten Konifere darf, ohne dass es ausgesprochen werden muss, der fehlgeleitete ästhetische Sinn der Eigentümer vermutet werden oder, wie Ute Behrend es zugespitzt ausdrückt, „das programmierte Scheitern der rührenden Bemühung, dem eigenen Dasein vielleicht doch so etwas wie Größe zu verleihen“. Dabei befindet sich diese Größe offensichtlich oft bereits im Verfall, wie abblätternder Putz und vernagelte Fenster bezeugen. Nicht dem Übermut des aufstrebenden Geldadels, sondern den zerbröselnden Hoffnungen des fleißigen und trotzdem unglücklichen Mittelstandes sind diese konzeptionellen Fotoarbeiten (Preis je Doppelbild: 2400 Euro) aus dem deutschlandweiten Reich des „Conifer Club“ auf der Spur einer manifesten Melancholie, die in „Second Glance“, der zweiten Serie, auch die Gesichter von Kindern erreicht .

Wie die Bäume und Pflanzen, die sich nach dem Licht drehen, streckt da ein kleiner Junge die Arme über den Kopf. Ein Mädchen hat sich überdimensionale Schmetterlingsflügel auf den Rücken gebunden, als möchte es losfliegen. Ob das Waldesdickicht auf dem dazugehörigen Kontrastbild für Freiheit oder Gefangenschaft steht, bleibt dem Betrachter überlassen. Wie Leuchtpunkte schimmern in der Düsternis ein paar Vogelbeeren. Auf ein strahlendes Kinderlachen wartet man indes vergebens, zu tief nistet schon die Trauer in den Augen der Kinder. Es läge nicht im Sinn der für ihre narrative Methode bekannten Fotokünstlerin, jedes Bildpaar auf einen eindeutigen gedanklichen Nenner zu bringen. Es genügt, wenn da ein ironisches Lächeln, dort eine Frage zurückbleibt. Dass hier die Realität nicht bekränzt, sondern in der Ambivalenz ihrer Tristesse bruchstückhaft vermessen wird, liegt auf der Hand.

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