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Kultur: Knefs Begleiter

Zum Tod des Pianisten Kai Rautenberg.

Was für ein Auftritt. Die Diva trägt schmetterlingsgroße Kunstwimpern und eine knöchellange Robe, an der die Pailletten funkeln wie Sterne am Nachthimmel. Sie spricht mehr, als dass sie singt, begleitet von sparsamen, sehr melancholischen Klavierakkorden: „Die siebente Party diese Woche, / du wirst umschwärmt und ich verehrt, / das erfolgreichste Paar der Epoche, / und trotzdem gehen unsere Uhren verkehrt.“ Dann stöckelt sie zum Flügel, setzt sich zum Pianisten, wirft den Kopf in den Nacken und bittet: „Leg doch noch einmal den Arm um mich rum.“ Und der Mann am Klavier, ein walrossbärtiger Mensch im Smoking, legt tatsächlich den rechten Arm um sie. Mit dem linken spielt er weiter seine sanft swingenden Akkorde.

Die Diva ist Hildegard Knef, der Pianist mit dem Walrossbart Kai Rautenberg. Der Westfale, 1939 in Arnsberg geboren, war nach seiner Ausbildung am Dortmunder Konservatorium nach Berlin gekommen, um im SFB-Tanzorchester unter der Leitung von Paul Kuhn und später in der Bigband des Rias zu spielen. Die Knef lernte er 1979 kennen, als sie einen musikalischen Leiter für einen Auftritt bei einem schwulen Großereignis suchte: dem „Tuntenball“ im gerade fertiggestellten Internationalen Congress Centrum. Es wurde ein Triumph. Rautenberg schrieb die Stücke für ihr Album „Da ist eine Zeit“, in ihren Memoiren hat Knef ihn liebevoll porträtiert: „Seine Hände gleichen denen eines Möbelträgers, verwandeln sich jedoch angesichts eines Flügels in rasant umherfliegende Schmetterlinge.“ Am Mittwoch ist Kai Rautenberg, der auch mit Reinhard Mey, Brigitte Mira und Dieter Hallervorden gearbeitet hat, in Berlin gestorben. Er wurde 73 Jahre alt. Christian Schröder

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