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Stefan Kurt als Zaza, umgeben von Tanzensemble der Komischen Oper Berlin.

© Monika Rittershaus

Kolumne „Der Klassiker“ (Folge 17): Berlin vs. Broadway

Dank staatlicher Förderungen sind an der Komischen Oper die Musical-Klassiker so zu erleben, wie es sich die Komponisten einst erträumt haben. In New York kann sich das kein Produzent mehr leisten.

Eine Kolumne von Frederik Hanssen

Der Broadway, das Londoner Westend und Las Vegas – das sind funkelnde Fixsterne, wenn es um Live-Entertainment geht. Und doch können diese Hotspots der Unterhaltung nicht alle Superlative für sich beanspruchen. Die größte Showbühne der Welt beispielsweise findet man – in Berlin. Im Friedrichstadt Palast.

Und kein kommerziell betriebenes Theater könnte eine personell so üppig ausgestattete Inszenierung stemmen wie Barrie Koskys „La Cage aux Folles“ an der Komischen Oper. Das geht – genau wie bei den Monster-Revuen an der Friedrichstraße - nur mit staatlicher Unterstützung.

Volle Bühne, voller Spaß

Wenn der Vorhang hochgeht, ist die Bühne der Komischen Oper voll, ein Dutzend Tänzer:innen und 25 Kompars:innen wirbeln über die Bretter, 27 Chorist:innen singen, und Dirigent Koen Schoots lässt mit dem 44-köpfigen Orchester die Jerry-Herman-Melodien funkeln.  

„Kein Produzent am Broadway“, sagt Kosky, „könnte sich das jemals leisten.“ In New York könne man froh sein, wenn 13 Musiker im Graben sitzen, während auf der Bühne ein verkleinerter Cast agiert. Musical-Klassiker in der Originalfassung zu präsentieren, wie sie sich einst die Komponisten erträumt haben, das geht nur noch im deutschen Subventionssystem.

Neidvoll schaut man aus den USA nach Deutschland

Barrie Kosky ist dankbar dafür. Seine grandiosen Interpretationen von „Anatevka“, „West Side Story“ und „Kiss me, Kate“ waren Publikumsrenner, „La Cage aux Folles“ läuft aktuell vor ausverkauften Reihen – und weitere Shows sollen folgen.

Mit Neid schauen alle Musicalmacher, die sich für ihre Kunst Geld bei Investoren besorgen müssen, auf die Berliner Verhältnisse - während die deutschen Akademiker über das Genre weiterhin die Nase rümpfen. Ein Snobismus, der Barrie Kosky auf die Palme bringt: Weil es sich bei der vermeidlich typisch amerikanischen Kunstform in Wahrheit um die natürliche Weiterentwicklung der europäischen Operette handelt, maßgeblich geprägt von jüdischen Künstlern, die aus Nazideutschland fliehen mussten.

Beim neuen „Romeo und Julia“-Musical am Theater des Westens, produziert unter den Bedingungen des freien Marktes, sitzen übrigens fünf Musiker:innen im Orchestergraben – einschließlich des Dirigenten.

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