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Freundschaft! Blair (Zoe Kravitz), Alice (Jillian Bell), Jess (Scarlett Johansson), Frankie (Ilana Glazer) und Pippa (Kate McKinnon) lassen es krachen.

© Sony Pictures

Komödie „Girl’s Night Out“: Frauen feiern besser

Wochenende in Miami: Die derbe Komödie „Girl’s Night Out“ mit Scarlett Johansson zeigt eine Welt, in der es tatsächlich gleichberechtigt zugehen könnte.

Iiiiih, Penis-Strohhalme! Dazu Penis-Sonnenbrillen, eine Packung Penis-Nudeln, Penis-Mützen – schlimmer geht’s nimmer. Wer eine „Hen Party“ plant, darf nicht zimperlich sein. So wie Pippa (Kate McKinnon), Anfang 30, Lehrerin, großes Herz, lautes Organ, mächtiger Körper. Für ihre beste Freundin Jess (Scarlett Johansson) und deren Junggesellinnenabschied fährt sie auf, was die „Bad Taste“-Kiste zu bieten hat: ein Wochenende mit drei weiteren College-Alumni-Damen in Miami, inklusive Wein, Weib, Gesang.

Der Wein ist Koks, das Weib ein männlicher Stripper, der bei einem blöden Unfall in der opulenten Miami-Mietvilla sein Leben aushaucht, der Gesang das nie verstummende Schreien, Streiten, Diskutieren der fünf Frauen: Was tun? Polizei rufen? Leiche verschwinden lassen? Lieber erst mal kotzen gehen?!

Gleich die erste Szene in „Girl’s Night Out“ gibt die Atmosphäre in Lucia Anellos Komödie vor. Eine Rückblende: Jess, Pippa, Frankie (Ilana Glazer) und Blair (Zoe Kravitz) bei einer Halloweenfeier auf der Uni zehn Jahre zuvor. Frankie und Blair, damals ein Paar, sind als gigantische Oberweite verkleidet – jede trägt eine riesige Fakebrust vor der Brust, wenn sie nebeneinanderstehen, wird ein Megabusen daraus. Später sitzen die Mädchen voll wie Haubitzen auf Pippas Bett und versprechen, sich nie aus den Augen zu verlieren. Aber auch wenn Freundschaft und Treue – neben den bewusst geschmacklosen Gags am laufenden Band – in klassischer Buddy-Movie-Manier die augenfälligen Hauptthemen des Films zu sein scheinen, geht es der Regisseurin doch um etwas anderes. Anello und ihr Koautor Paul W. Downs schaffen eine Versuchsanordnung, die die Gendersymbolik in herkömmlichen Komödien analysiert, und drehen sie dann um 180 Grad. Ihr Werk besteht den Bechtel-Test, der Filme nach drei Fragen beurteilt – „Gibt es zwei weibliche Hauptpersonen mit Namen?“ „Die miteinander reden?“ „Über etwas anderes als einen Mann?“ – mit summa cum laude. Die perfide Story um die designierte Lokalpolitikerin Jess, deren von Paul W. Downs gespielter Ehemann zu Hause Chichi-WeinTastings mit seinen Freunden absolviert, ist dabei absolut ungezwungen gestrickt.

Derbe Witze, Krach und Tamtam

Immer, wenn es zu dogmatisch werden könnte, persifliert ein Gag politische Korrektheit und sensible Sprache, ohne sie lächerlich zu machen. Etwa wenn Jess genug von der feministischen Freundinnenkritik an ihrer Enthaarungsroutine hat und die Girls anfährt: „Hört verdammt nochmal auf mit eurem Ganzkörperwaxingshaming!“ Oder wenn der Stripper seine ungelenke Show beginnt und Pippa „That’s Mensploitation, bitch!“ ruft. Auch aktuelle Wortneuschöpfungen wie „Menspreading“ (für Männer, die breitbeinig in der Bahn sitzen) und „Mensplaining“ (für Männer, die Frauen immer alles erklären) werden auf die Schippe genommen.

Getarnt mit derben Witzen und verkleidet in Krach und Tamtam kreiert die Regisseurin eine Welt, in der es tatsächlich gleichberechtigt zugehen könnte, in der Frauen ganz selbstverständlich Personen mit Humor, Sexdrive, Job, den besten Sprüchen und den zupackendsten Händen sind. Dabei schont sie ihre Heldinnen nicht: dass Blair Sex mit dem übergriffigen Swingerpärchen (Demi Moore und Ty Burrell) aus der Nachbarvilla haben oder die Australierin Alice heiße Küsse mit der Leiche simulieren muss, ist genretypisch eklig und vor allem: konsequent.

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Wie Paul Feig in „Brautalarm“ greifen die Schöpfer des Films zu typischen Komödientypen wie „die Dicke“ (steht für Humor) und „die Schöne“ (um die alles kreist), erweitern das Spektrum aber um eine farbige Frau und fügen die lesbische Liebe zwischen Blair und der Politaktivistin Frankie organisch ein, ohne sie besonders zu betonen. Der durch die Astronautin Lisa Nowak bekannt gewordene „Urban Myth“ von der eifersüchtigen Frau, die eine sehr lange Autofahrt in Erwachsenenwindeln zurücklegte, um rechtzeitig bei ihrem untreuen Liebhaber zu sein, wird ebenfalls verwurstet – hier verliert der Film jedoch die Nähe zu seinen teils nervigen, sexistischen, aber ausgelassenen Vorbildern wie „Eis am Stiel“ oder „Hangover“.

Trotzdem: Zusammen mit dem gelungenen Genrefilm „Wonder Woman“ stärkt „Girl’s Night Out“ die Hoffnung, dass notwendige feministische Wahrheiten langsam im bornierten Hollywood ankommen. Dass sich tatsächlich etwas ändert. Und wenn es mit einer Penis-Sonnenbrille beginnen muss.

In 21 Berliner Kinos. OV: Karli Neukölln, Cinestar Sony-Center, Colosseum, Zoo Palast

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