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Auf einem Bildschirm im Fenster des Ruru-Hauses ist eine Erklärung der Gesellschafter zum Umgang mit antisemitisch kritisierten Kunstwerken zu lesen.

© Uwe Zucchi/dpa

Kritik vom Zentralrat der Juden: Die documenta hat „kühnste Albträume“ übertroffen

Zentralratspräsident Schuster mahnt, Kulturstaatsministerin Roth könnte vor der Kasseler documenta „zu blauäugig“ gewesen sein. Diese gibt sich selbstkritisch.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, richtet wegen der antisemitischen Kunstwerke auf der „documenta fifteen“ schwere Vorwürfe gegen maßgebliche Politikerinnen und Politiker.

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Entgegen einer Zusicherung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) in einem Gespräch im Mai seien bei der Kasseler Kunstausstellung eindeutig antisemitische Bilder aufgetaucht. Roth räumte ein: „Vielleicht hätte ich bei den Diskussionen im Vorfeld der documenta-Eröffnung lauter und deutlicher sein sollen, sein müssen.“

Zentralratspräsident Schuster sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Donnerstag), der Antisemitismus bei der Kunstausstellung habe seine „kühnsten Albträume übertroffen“. Vielleicht sei Roth „zu blauäugig“ gewesen und „hintergangen worden“.

Allerdings hätten auch die hessische Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) und Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) die Warnungen zunächst entweder „abgetan“ oder „überhaupt nichts verstanden“ und der Stadt damit „letztlich einen Bärendienst erwiesen“.

Kulturministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) gesteht, sie hätte im Vorfeld der documenta „lauter und deutlicher“ sein müssen.
Kulturministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) gesteht, sie hätte im Vorfeld der documenta „lauter und deutlicher“ sein müssen.

© Kay Nietfeld/dpa

Roth sagte dem Magazin „Stern“: „Die Ausstellung solcher eindeutig antisemitischen Werke hätte nicht passieren dürfen.“ Die Aufklärung, wie es dazu kommen konnte, stehe noch aus. Auch wenn sie keine unmittelbare Verantwortung trage, sei ihr bewusst, „dass es nicht reicht, wenn ich sage: Ich konnte nicht mehr tun.“

Die diesjährige documenta wird seit der Vorbereitungsphase von Antisemitismus-Vorwürfen überschattet. Kurz nach Eröffnung der Ausstellung Mitte Juni wurde das Banner „People's Justice“ des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi wegen antisemitischer Motive abgehängt.

Später wurden Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly mit antisemitischer Bildsprache bekannt. Die Generaldirektorin der Kunstschau, Sabine Schormann, wurde abberufen und ein Expertenrat eingesetzt.

Zentralrat warnte bereits im Frühjahr

Schuster sagte: „Wir haben bereits im Frühjahr im Hinblick auf das Künstlerkollektiv Ruangrupa, das die documenta kuratiert, die Sorge geäußert, dass es zu Israel-bezogenem Antisemitismus kommen könnte.“

Was ihn am meisten erschrecke und erschüttere, sei, dass Bilder nun wieder ausgestellt würden mit der Begründung, sie seien juristisch nicht angreifbar. „Denn es hat doch kein Mensch gesagt, dass dieser Antisemitismus strafrechtlich relevant ist. Aber Antisemitismus beginnt eben deutlich unter dieser Grenze“, sagte der Zentralratspräsident.

Roth wies die Argumentation zurück, dass die Werke aus dem kulturellen Kontext der jeweiligen Künstlerinnen und Künstler zu betrachten seien.

„Dass Antisemitismus in Indonesien etwas anderes sei als hier in Deutschland. Das ist wirklich Unsinn“, sagte die Grünen-Politikerin und fügte hinzu: „Antisemitismus ist und bleibt Antisemitismus, ob in Indonesien, in der Türkei oder sonst wo.“ (epd)

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