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Der Suhrkamp-Stand auf der Buchmesse.

© dpa

Kritiker-Empfang des Suhrkamp-Verlags: Hesses Enkel mit dem Silberbart

Zu den Höhepunkten der Frankfurter Buchmesse gehört der Kritiker-Empfang des Suhrkamp-Verlags. Diesmal war die Stimmung erstaunlich heiter - und einige Kritiker fehlten.

Es war eigentlich auch nicht zu erwarten: Dass Suhrkamp-Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz beim traditionellen Kritikerempfang ihres Verlags in der Unseld-Villa ein Wort zu den Suhrkamp-Turbulenzen sagen würde. Schon die Jahre zuvor hatte sie keine längere Rede mehr gehalten und Gott, Geist und die Welt sich selbst überlassen. Warum sollte sie das ausgerechnet jetzt ändern?

Also weist Unseld-Berkéwicz am regnerischen Buchmessenmittwoch nur kurz darauf hin, dass dies der 48. Kritiker-Empfang sei, und liest dann wie jedes Jahr alphabetisch die Namen der anwesenden Autoren und Autorinnen vor. Das aber macht sie unnachahmlich prononciert und weihevoll. Jeder einzelne von ihr ausgesprochene Name ist eine einzige Ehrbezeugung. Es folgt die Begrüßung der extra aus der römischen Villa Massimo angereisten Sibylle Lewitscharoff, die aus ihrem im Frühjahr erscheinenden Kriminalroman „Killmousky“ liest, sowie ein besonderer Gast: Silver Hesse, der Enkel von Hermann Hesse, der mit seinem weißsilbernen Schnauzbart seinem Großvater wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Mit seiner Präsenz symbolisiert der Enkel die Unterstützung der Hesse-Erbengemeinschaft im Kampf gegen Hans Barlach, dokumentiert zuletzt im von Hesse mitunterschriebenen Aufruf der Suhrkamp-Autoren für den Insolvenzplan und die Gesellschaftsumwandlung des Verlags.

Als Lewitscharoff ihren etwas „kätzchenhaften“ Romaneinstieg vorgetragen hat und alle wieder drauflosreden können, ist bei Suhrkamps eigentlich alles wie immer. Rainald Goetz ist bester Laune (schreibt dieses Mal allerdings nichts mit), auch Cees Nooteboom macht einen munteren Eindruck, die anwesenden Kritiker sowieso. Wie üblich ist Thomas Meinecke gern bereit, über Popmusik zu reden, wie üblich weist Verbrecher-Verleger Jörg Sundermeier das Uralt-Gerücht zurück, sein Verlag plane, Suhrkamp zu übernehmen.

Was auffällt: Es ist nicht ganz so voll wie in den vergangenen Jahren. Ob es daran liegt, dass von der „Welt“ kein einziger Kollege gekommen ist? Bis auf einen waren die „Welt“-Literatur-und Kulturjournalisten alle nicht eingeladen. Der Grund: die kritische, Ulla Unseld-Berkéwicz nicht so treu ergebene Berichterstattung der Zeitung. Darauf angesprochen reagiert Suhrkamp-Geschäftsführer Thomas Sparr zunächst leicht genervt: „Ach, Herr Bartels, Sie immer mit Ihren Seitenschauplätzen!“ Lieber sagt Sparr: „Sie müssen unbedingt Daniel Galera kennenlernen, unseren brasilianischen Autor.“ Geschwind holt er Galera, stellt uns vor, und eigentlich macht es auch viel mehr Spaß mit diesem über seine Heimatstadt Porto Alegre oder seinen Roman „Flut“ zu sprechen als mit Thomas Sparr über die Suhrkamp-Einladungspolitik.

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