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Kultur: Kunst der Verführung

Die Galerien Brusberg und Berlin zeigen erschwingliche Werke von Bernhard Heisig in Berlin

Die Kunst der Buchillustration fand Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt: mit den Holzstichen Adolph von Menzels und Gustave Dorés. Alles Folgende sei nur noch Hilflosigkeit gegenüber den moderneren Medien Fotografie und Film, aber keinesfalls mehr adäquate Texterläuterung gewesen. So jedenfalls sieht es Bernhard Heisig, der Mitbegründer der stets auf bildimmanenter Lesbarkeit bedachten „Leipziger Schule“.

Doch Heisig selbst, dieser an Menzel, Corinth und Kokoschka geschulte Traditionalist, hat als Fingerübung zwischen seinen großformatigen geschichtsphilosophischen Gemälden immer wieder Buchillustrationen geschaffen: etwa zu Brechts „Mutter Courage“, Goethes „Faust“ oder Anna Seghers’ „Das siebte Kreuz“.

Dieter Brusberg, Heisigs West-Berliner Kunsthändler seit nunmehr fast 25 Jahren, hat anlässlich des 80. Geburtstages des Künstlers am 31.März aus verschiedenen Quellen rund 100 Federzeichnungen zu den 1970 in Ost-Berlin erschienenen „Memoiren des Mozart-Librettisten, galanten Liebhabers und Abenteurers“ Lorenzo Da Ponte zusammengetragen. Heisig offenbart hier eine weniger bekannte Seite: Sein 1749 in Venedig geborener und 1838 im New Yorker Exil gestorbener Held ist mehr Hallodri als polithistorisches Exempel. In den kleinformatigen Zeichnungen (Einzelblätter 400 bis 1200 Euro; ein direkt aus dem Atelier übernommenes Konvolut von 78 Blättern kostet 60000 Euro) umkreist Heisig immer wieder dieselben intimen Episoden. Von manchen Szenen existieren zwei oder drei, vom Umschlagentwurf sogar zehn Varianten.

Das Mozart-Thema nahm Heisig in den letzten Monaten noch einmal auf mit drei – bisher unvollendeten – mittelgroßen Ölstudien (je 22000 Euro) und dem Doppelbildnis „Selbst mit Konstanze“ (40000 Euro), bei dem er eine pralle Atelierschönheit von 1972 mit seinem skeptisch angeschnittenen Altersporträt komplettiert.

Diese musealen Bilder kann man zur Zeit in Heisigs Retrospektive im Leipziger Museum der bildenden Künste sehen. Als Leihgabe des Berliner Händlers hängt dort auch das letzte derzeit verfügbare von den älteren Großformaten. „Der Maler und sein Thema“ (1977/79) soll 250000 Euro kosten.

Auch Rüdiger Küttner und Rainer Ebert von der Galerie Berlin konzentrieren sich diesmal auf erschwingliche Ware. Zusammen mit Brusberg haben sie – als Geschenk des Jubilars an treue Sammler und Einsteiger – zwei Mappen (1200 und 1800 Euro) sowie sieben einzelne Lithografien (je 360 Euro) mit typischen Heisig-Motiven ediert. Die kleine Form – und doch der ganze Künstler.

Brusberg Berlin, Kurfürstendamm 213, und Galerie Berlin, Auguststraße 19, bis 30. April. Gemeinsame Publikation: Bernhard Heisig, Ruhig mal die Zähne zeigen. Texte des Künstlers, 12 Euro.

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