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Der britische Sänger Kwabs.

© Warner

Kwabs live in Berlin: Mein Herz so fern

Der britische Soul-Sänger Kwabs schaffte es im letzten Jahr mit dem Song "Walk" auf den ersten Platz der deutschen Charts. Jetzt gab er im Berliner Huxleys Neue Welt ein etwas liebloses Konzert.

Es ist kalt geworden. Da trifft es sich gut, dass Kwabs eine schwarze Bommelmütze im Schrank hat, die ihm ausgezeichnet steht und gut zu seinem elegant-lässigen Bühnen-Outfit passt. Der 25-jährige Londoner Sänger mit dem samtenen Bariton ist das Wärme-Zentrum von Huxleys Neuer Welt.

Trotzdem gelingt es ihm an diesem Abend nicht, einen Funken in den mit knapp 500 Besuchern nur halbvollen Saal zu übertragen. Im ersten Konzertteil wirkt er angestrengt, hat bei „Forgiven“ sogar Mühe mit den hohen Tönen.

Lockerer wird der Sänger, dessen Debütalbum „Love + War“ im September erschienen ist, erst bei zwei Coverversionen, die er hintereinander wegspielt. Die Adaption von James Blakes Ballade „The Wilhelm Scream“ mit Akustikgitarren- und Cachonbegleitung überzeugt ebenso wie Major Lazers Superhit „Lean On“, dem er mit seiner vierköpfigen Band zusätzliche Tiefenschärfe verleiht. Fein, wie der Gitarrist das Quietsch-Synthie-Solo auf seine Halbakustische überträgt.

Er baut keine Verbindung zum Publikum auf

Mit „My Own“ schiebt Kwabs einen seiner stärksten eigenen Songs hinterher. Dieser lebt von einem verschraubten Stolperbeat-Synthesizer-Arrangement, über das sich der Sehnsuchtsgesang des Briten erhebt. Das Wechselspiel mit der Backgroundsängerin und dem Backgroundsänger bringt zusätzliche Dynamik, doch wie so vieles in diesem 70-minütigen Konzert verläppert sich das Lied in der Lieblosigkeit. Kwabs, der mit vollem Namen Kwabena Sarkodee Adjepong heißt, scheint einen schlechten Tag erwischt zu haben. Er baut keine Verbindung zum Publikum auf, macht nur wenige kurze Ansagen.

Weil er überdies die große Bühne quasi allein bespielen muss, da die Band mit Ausnahme der beiden Sänger weit hinter ihm platziert ist, entsteht ein Eindruck von Verlorenheit. Da hilft es auch nichts, dass Kwabs gelegentlich geschmeidig von der einen zur anderen Bühnenseite tänzelt oder sich bei besonders langen Töne weit ins Hohlkreuz biegt.
Statt Präsenz und Charme setzt Kwabs, der einst beim National Youth Jazz Orchestra sang und derzeit neben Sam Smith als spannendster britischer Jung-Sänger gilt, immer wieder auf Krawall und Lautstärke. Das ist vor allem schade für „Walk“, seinen größten Hit, der hierzulande auf den ersten Platz der Charts schaffte. Das zart-melancholische Stück wirkt mit Jaulgitarre und Boller-Schlagzeug wie auf Steroiden. Muskeln statt Seele – da bleibt das Herz kalt.

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